Posts Tagged ‘Friedhof’

Johannes 3. Geburtstag

14. August 2013

Johannes wäre heute drei Jahre alt geworden. Vermutlich wäre er ein stolzes fast-Kindergartenkind. Vielleicht wäre er auch schon in die Kleinkindgruppe gegangen. Wenn man eine große Schwester hat, die jeden Tag in den Kindergarten gebracht wird, drängelt man vielleicht so lange, bis man auch endlich „darf“. Aber all das ist nur Grüblerei. Johannes ist nicht mehr da.

Der Tag heute war für mich sehr schwer und ich bin froh, dass er vorbei ist. Ich saß gestern abend noch lange bei Johannes am Grab und habe geweint. Eine fremde Frau setzte sich zu mir und tröstete mich. Das hat mich sehr berührt, denn das ist mir noch nie passiert. Es ging mir einfach so viel durch den Kopf. Drei Jahre zuvor war Johannes noch in meinem Bauch und ich so voller Vorfreude. Dem vollendeten Glück eine Geburt weit entfernt. Ohne zu wissen, was für eine Lawine da schon lange im Rollen ist.

Mein Leben hat sich sehr verändert. Es ist völlig anders, als es mal war. Nicht alles daran ist schlecht. Sicher nicht. Nein, es gibt sogar Dinge, die sind richtig, richtig gut. Ich lerne da ganz neue Seiten an mir kennen. Aber vielleicht wäre ich lieber in meinem alten Leben ohne erweiterten Horizont, mit allen drei Kindern – gesund – geblieben. Aber die Wahl hatte ich nicht.

Wir haben heute sicher das beste aus dem Tag gemacht. Letztes Jahr haben wir uns nicht zugetraut, ihn alleine gut zu überstehen und mit Verstärkung der Verwandtschaft und engen Freunden die Wanderung gemacht. Dieses Jahr wollten wir alleine sein. Sehen, ob wir das auch alleine hinbekommen. Heute morgen saß ich da, weinte, und hielt mich an meiner Tasse Kaffee und natürlich dem Löwenpapa fest. Ich konnte mir nicht gut vorstellen, den Tag halbwegs gut hinter mich zu bringen. Jetzt ist er vorbei und ich bin froh.

Wir haben heute einen Ausflug in eine Tropsteinhöhle gemacht. Die Frau, die die Führung durch die Höhle gemacht hat, zeigte uns einen Tropfstein, der aussieht wie eine mehrstöckige Geburtstagstorte. Die habe ich für Jo fotografiert.

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Ich habe gestern aber auch einen „richtigen“ Kuchen für ihn gebacken, den wir heute Nachmittag gegessen haben.

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Johannes hatte an sienem Grab aber auch Besuch und von seinen Geschenken habe ich ein paar Bilder gemacht.

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Das hier hat er von uns bekommen. Johannes hatte ein WinniePooh-Stehaufmännchen, das klinklonk macht. Das hat er sehr gerne angeschaut. Das mochte er richtig gerne. Auf seinem Grab hat er den Esel davon als Sternenfänger mit einem Netz. Sein Geschenk haben wir in Dänemark im Urlaub gefunden und es paßt perfekt dazu.

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Kleiner Stinker, ich weiß nicht, wie man im Himmel Geburtstag feiert. Aber ich hoffe, Du hattest ein sehr schönes fest. Ich war heute sehr traurig und mir fiel es nicht leicht, den Tag gut zu überstehen. Ich hoffe, Du siehst es mir nach. Mama liebt Dich!

Es grüßt euch

die Löwenmama

Lebenszeichen – und „Neid ist nicht gleich Mißgunst“

25. Juni 2013

Hi an euch alle da draußen,

ich habe hier sehr lange nichts mehr geschrieben. Sicher nicht, weil ich nichts zu sagen gehabt hätte, aber die Themen, mit denen ich mich in den letzten Monaten rumgeschlagen habe, in meinem Kopf und meinem Herz, waren nicht für die Öffentlichkeit eines Blogs bestimmt. Ich mußte mir über manche Sachen erstmal selbst klar werden, das war für mich ein schwieriger Prozess.

Und ich war etwas gehandicapt, da mein Netbook seit dem Umzug noch nicht internettauglich war und mit den anderen Medien im Haus ist posten langwierig und nervig und nicht mal eben zu bewerkstelligen. Aber hier bin ich mal wieder und möchte ein paar Gedanken hier lassen.

Seit dem Einzug haben wir uns gut eingelebt und so langsam kennen wir hier auch die Leute rundrum und vom Kindergarten. Meine guten und schlechten Zeiten wechseln sich noch immer ab, aber ich habe jetzt bessere Zeiten, die auch gern mal länger werden. Aber die schlechten Zeiten – auch wenn sie nie allzu lang dauern – sind wirklich schlecht. Ich kann aber besser steuern, wann ich das „rauslassen“ kann. Und wenn ich dann für mich meine Ruhe habe, fließt es auch. Teils sehr heftig, aber ich fühle mich besser danach. Ich fahre dann oft zu Jo oder schaue mir zu Hause seine Bilder und Videos an, wühle in seinen Sachen, rieche daran und bin trauriger denn je, dass sie seinen Duft verloren haben. Sie riechen jetzt einfach nach uns und nicht mehr nach ihm. Mir ging damit etwas verloren. Aber es war klar, dass es irgendwann so sein wird.

Ich habe gestern eine Wortsammlung gemacht, rund um das Sterben meines Kindes. Ich fand es einfach mal wieder wertvoll, sich alle Emotionen dazu anzusehen und sie auch ohne schlechtes Gewissen zuzulassen. Auch die, die von außen sicher unverständlich sein könnten. Wie kann ich „froh“ sein? Doch, ich war es. Es war gut, das es vorbei sein durfte.

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Interessant fand ich, dass alles immer noch so zutrifft von meinem Empfinden her. Vielleicht waren kurz nach seinem Tod manche Worte ganz dick und heute sind sie es nicht mehr und andere sind dafür dick, die ich damals etwas in den Hintergrund gestellt hätte. Aber grundsätzlich hat sich daran nichts geändert. Ich bin unserem Kinderarzt heute noch dafür sehr dankbar, dass er mir bereits im Vorfeld gestattet hat, auch erleichtert und froh sein zu dürfen. Ich hätte sonst größte Probleme damit gehabt, mir auch diese Gefühle, die so gar nicht in das Ganze passen wollen, zugestehen zu können. Ich glaube nur deswegen konnte ich es mir erlauben, einfach so auch diese Gefühle zu leben.

Ich fahre inzwischen nicht mehr täglich zu Johannes. Ich fahre, wenn ich mag und es brauche. Das kann an manchen Tagen mehr als einmal sein, dann ein paar Tage gar nicht und ich fahre nur, weil die Kerzen mal wieder brennen sollten. Ich fahre teilweise auch bewußt nicht, weil es mir nicht gut tun würde. Ich war dieses Jahr vor und nach dem Muttertag, aber nicht an diesem Tag selbst, da ich mich dieses Jahr einfach nicht damit quälen wollte. Für mich ist es, als würde man mich schlagen, am Muttertag am Grab meines kleinen Stinkers zu stehen.

Wir haben immer noch unsere kleinen, süßen Begleiter. Man glaubt es kaum. Erst die Tage war ich mit meiner Tochter auf einer Familienwanderung, die der Kindergarten veranstaltet hat. Ich sah beim Picknick in der Wiese einen Marienkäfer und zeigte ihn ihr noch und wollte ihn fotografieren. Seht, was ich dann entdeckt habe, als ich den Fotoapparat aus dem Rucksack kramen wollte?
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Er ist immer dabei!

Aber ich stehe oft im Konflikt. Im Kinderturnen, bei solchen Wanderungen, bei Festen rund um die Kinder, kürzlich auf dem großen Indoorspielplatz… eine meiner beiden Hände ist immer leer, wo ich eine zweite kleine Hand halten sollte. Das tut weh und wird mir dann jedes Mal wieder so sehr bewußt. Und da kamen auch diese Gefühle des Neides in mir auf. Vor allem, wo ich ständig Schwangere um mich rum habe und Frauen mit ganz kleinen, frischen Babies. So langsam hat sich herauskristallisiert, dass das am schwersten für mich ist. Es sind nicht die Kinder, die jetzt so alt sind wie Jo wäre. Ich muß tatsächlich immer überlegen, wie alt er jetzt gerade im Moment wäre, die Zeit verschwimmt. Und was er könnte und was er wohl machen würde. Diese Gedanken kommen komischerweise immer hoch, wenn ich ihn besuche. Wenn ich erzähle, was wir gemacht haben. Da überlege ich mir oft, wie er wohl wäre. Was er mögen und nicht mögen würde. Wie die Kleine und er wohl rumzanken würden.

Nein, es sind die ganzen Mamas mit den Tragetüchern, mit den kleinen Zwutschgis auf dem Arm oder die mit dem dicken Bauch. Die setzen mir ordentlich zu. Ich habe mir große Vorwürfe gemacht, weil ich Neid irgendwie mit Mißgunst gleichgesetzt habe. Macht man das allgemein so? Ich habe mich nun mit dem Thema Mißgunst auseinandergesetzt und für mich festgestellt, dass einem das auch suggeriert wird. Also auch andere Neid mit Mißgunst gleichsetzen. Ich bin neidisch auf die Kinderschar der anderen, also gönne ich sie ihr nicht? Nein, das ist natürlich Quatsch. Ich mußte somit nun lernen, dass man sehrwohl auf etwas neidisch sein kann und man dem anderen trotzdem sein volles Glück gönnt. Es ist kein boshafter Neid. Im Gegenteil, es ist wunderschön, dass es all diese Kinder um mich rum gibt. Aber es wäre noch schöner, würde meiner mit rumhüpfen. Es ist ein bitterer Neid.

Johannes hatte gestern Namenstag. Pünktlich dazu ist seine Rose aufgeblüht:

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Und was ich auch schon lange posten wollte – wir konnten am 18. April diesen Jahres endlich Johannes Geburtsbaum pflanzen – es wurde ein Gravensteiner Apfelbaum. Seine Plazenta liegt darunter…

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Es grüßt euch herzlich nach langer Zeit mal wieder

die Löwenmama

Johannes neuer Zaubergarten

23. März 2013

Irgendwann kommt der Zeitpunkt bei mir, da muß möglichst sofort alles vom Grab runter, der Winter weggewischt werden und der Frühling einkehren. So war ich gestern im Gartencenter und habe eingekauft. Vergissmeinnicht, orangene Ranunkeln, weil die so lustig aussehen, fast wie kleine Löwenköpfchen. Und Veilchen, weil sie so hübsche Gesichter haben und fröhlich bunt sind. Ich glaube, Johannes hätten sie gefallen. Und so puschelige Gänsebläumchen, weil die so lustig in die Höhe stehen wie kleine Lollis.

Heute sah das Wetter zuerst gar nicht danach aus, als könnte ich dort groß was machen. Es schneite sogar mal leicht. Am Nachmittag kam die Sonne raus und ich ließ alles liegen und packte die Friedhof-Sachen zusammen und los ging es.

Johannes neuer Zaubergarten für dieses Frühjahr ist fertig.

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…mit einer Dschungelecke…

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…das neue Osterhasi…

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…diesen tollen Pilz bekam Johannes von anderen Sternenkind-Eltern, deren kleiner Muckel auch Mb Krabbe hatte – noch einmal herzlichen Dank dafür…

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…ein Osterstrauß als Gruß von zu Hause, denn bei uns steht der gleiche, mit dem Osterhasi vom letzten Jahr…

Es ist immer wieder sehr widersprüchlich, einerseits so traurig vor dem Grab zu stehen und sich andererseits zu „freuen“, dass es so „schön“ geworden ist. Das ist doch idiotisch?!

Es grüßt euch herzlich

die Löwenmama

Trauer ist auch ein Arsch

20. November 2012

Trauer ist auch ein Arsch, finde ich.

Ich fühle mich nicht so, als könnte ich Johannes Tod irgendwann überwinden. Ich fühle mich auch nicht so, als wäre es einfach unterschwellig vorhanden und ich bin zuerst traurig und dann weicht es Stück für Stück und alles ist (fast) wieder gut.

Ich habe mir nie genaue Gedanken darüber gemacht, was Trauer mit einem macht, wie sie sich anfühlt, wie man halt so trauert. Aber ich glaube, ich hatte schon irgendwie so ne Vorstellung davon. Vielleicht so in der Art, dass es erst schwer ist und dann immer leichter wird.

Aber so ist das nicht. Zumindest nicht bei mir. Mir geht`s zuerst sowas wie wirklich gut, weil ich sehr beschäftigt bin und dann fühle ich mich von meiner Trauer immer sehr distanziert. Das ist ganz praktisch, weil man leistungsfähig ist. Dann ist der Gedanke daran, dass ich mal ein Baby hatte und das jetzt tot ist, aber sehr abstrakt. Das fühlt sich an wie „nicht wahr“. Ich weiß, es ist wahr, aber es fühlt sich an wie eingebildet und nie gewesen. Seelenschontage.

Dann kommt die Phase, wo ich immer unruhiger und gereizter werde. Wo ich ein Ekel werde. Das macht mich gleichzeitig so unendlich traurig, weil ich so gar nicht sein möchte. Und dann beginne ich Johannes so unendlich schwer zu vermissen. Durchlebe manche Gefühle und Situationen nochmal.

Und dann fühle ich mich wie gelähmt. Bin nicht mehr leistungsfähig. Quäle mich durch die Tage. Habe keine Nerven. Schlage Zeit tot. Und hasse mich auch dafür.

Dann spüre ich nach ein paar Tagen, wie langsam sowas wie eine Last von mir abfällt und ich fange wieder an kreativ zu werden, gedanklich auch beweglicher, kann wieder etwas mehr leisten.

Bis ich dann wieder an dem Punkt bin, wo Johannes so weit weg ist, wie nie gewesen und ich mich im Hamsterlaufrad wiederfinde.

In den Leistungsphasen fühle ich mich ein amputierter Arsch, weil ich gar nicht mehr fühlen kann, dass ich den Löwen hatte. In der nächsten Phase fühle ich mich wie ein Arsch, weil ich mich wie ein Arsch aufführe. In der nächsten Phase, fühle ich mich wie ein Arsch, weil ich meinen Arsch nicht hochkriege und in der letzten Phase fühle ich mich nicht ganz so sehr wie ein Arsch, aber ich bin auf dem besten Weg dorthin.

Bin jetzt ich der Arsch, oder die Trauer?

Ich habe eben für mich beschlossen, dass die Trauer der Arsch ist.

Ich habe vorhin in einem Forum gelesen: „Mein Baby hat einen Zahn bekommen!“. Da war das alles wieder da. Mein Baby. Ja, da war doch eins. Ich hatte doch auch eins!! Und die Zähne waren eingeschossen. Aber durften nie rauswachsen. Ich hätte mich auch so sehr über einen ersten Zahn gefreut.

Stattdessen trab ich jeden Tag mit nem Arsch voll Kerzen auf den Friedhof und mach Licht. Mensch, da oben im Schlafzimmer steht ein Hochstuhl und ein Lauflernwagen. Zweiteres ein Geschenk von der Uroma und dem Uropa zum ersten Weihnachten. Heute hatte ich beim Misten für den Umzug erst die Rechnung dazu in der Hand. Der Hochstuhl ist unbenutzt. Da sollte er doch draufsitzen. Diese Bitterkeit kommt einfach immer wieder durch. Plopp. Schon ist sie da. Zuerst alles noch gut und schwupps, ein Satz, eine Bemerkung, irgendwas bestimmtes und diese Bitterkeit schmerzt im Herz, in der Magengrube.

Was ist uns da passiert? Was haben wir verdammt nochmal verloren?!

Ich vermisse diesen kleinen Stinker einfach so sehr.

Wir sind nicht alleine. Es gibt auch andere Eltern, die ihr Kind betrauern. Ein Elternpaar, das Kind hatte auch Mb Krabbe und ist vor kurzem zu den Sternen gereist, hat uns neben ein paar anderen sehr süßen Sachen ein Löwenlicht geschickt:

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Es brennt heute nicht nur für Johannes, sondern für alle kleinen Zwergennasen, die zu den Sternen gereist sind und uns Eltern, die mit dem Verlust irgendwie leben müssen.

Viele liebe Grüße

die Löwenmama

Johannes 2. Geburtstag – der erste ohne ihn

14. August 2012

Heute ist Johannes 2. Geburtstag.

Happy Birthday, kleiner Löwe!

Ich muß sagen, ich hab Tag für Tag mehr Muffensausen bekommen. Schon vor längerer Zeit haben wir uns darüber Gedanken gemacht, wie wir diesen Tag gestalten wollen. Arbeiten gehen kam nicht in Frage. Freizeitpark oder irgendetwas lustiges, lebendiges war die erste Idee. Wir verwarfen aber diesen Gedanken wieder und wollten in die Berge – wie nach Johannes Tod. Das lag uns am nähesten.

Mein Bestreben war es aber inzwischen nur noch, den Tag zu überleben. Ich wollte, das es ein schöner Tag wird und es war mir wichtig, das ich für Johannes etwas mache. Aber ich wollte auch, dass er einfach nur vorbei geht.

Trotz allem, ganz wichtig war mir, das es ein Geschenk gibt, das der Löwenpapa und ich schon vor einer ganzen Weile gekauft hatten. Vorgestern packte ich es ein und es war ein wirklich dummes Gefühl, ein Geschenk für ein Sternenkind einzupacken.

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Und dann sollte es einen Geburtstagskuchen geben. Ich habe mir ein paar Tage davor schon Gedanken gemacht, was ich für einen Kuchen backen könnte. Geburtstagskuchen für ein Kind sind immer etwas sehr besonderes. Sie dienen ja nicht nur dazu die Feiernden satt zu machen, sondern sollen Kinderaugen zum Strahlen bringen. Dieser Kuchen sollte keine Kinderaugen zum Strahlen bringen… Was für ein scheiß Gefühl. Tränenmeer.

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Ich hatte die Tage davor meinem Mädchen eine Geschichte von „Frederick und seinen Mäusefreunden“ vorgelesen. In der ersten Geschichte geht es darum, dass Frederick und seine Mäusefreunde sich auf den kalten Winter vorbereiten und Getreide, Nüsse und Stroh sammeln und alles in ihren Unterschlupf in der Steinmauer bringen. Alle arbeiten, mühen sich ab und plagen sich um für den Winter vorzuarbeiten, nur Frederick scheinbar nicht. Die anderen Mäuse sind irgendwann recht vorwurfsvoll, denn wenn sie Frederick fragen was er macht weil er nur rumliegt, antwortet er, dass er sammelt. Worte, Sonnenstrahlen, Farben, … Die Mäuse konnten damit nichts anfangen und ärgerten sich über die vermeintliche Faulheit von Frederick. Der Winter kam, die Mäuse hatten sich gut versorgt und es war eigentlich recht gemütlich in der Steinmauer. Die Mäuse hatten es kuschlig und genug zu essen. Das sollte aber nicht immer so sein und als irgendwann eine ganz karge Zeit eintrat, wo es nicht mehr kuschlig war, das letzte Korn geknabbert war und es nichts mehr zu reden gab fiel den Mäusen ein, dass sie ja noch Fredericks „Vorräte“ hatten. Sie fragten ihn also, was mit seinen Vorräten sei und Frederick forderte sie auf, die Augen zu schließen. Er erzählte den Mäusen von den roten Mohnblumen, den blauen Kornblumen, erzählte ihnen von der wärmenden Sonne und dichtete. Die Mäuse lobten Frederick kräftig, diese „Vorräte“ hatten sie gerne.

Diese Geschichte erinnerte mich daran, dass wir in der Trauer wortlos sind, die Sonne nicht immer gut spüren können und die Welt seit Johannes Tod weniger bunt ist. Ich wollte heute das „bunt“ sammeln und ganz bewußt beachten, die Sonne tanken und Worte sammeln. Hier sind unsere bunten Schätze:

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Frederick sollte uns begleiten, den hatte ich für Johannes gebastelt:

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Die Wanderung war sehr schön, auch wenn etwas ungeplant chaotisch. Wir hatten die Route als leichte, familienfreundliche Tour herausgesucht, Anforderungsprofil wenig Kondition. Und wir liefen über Stock und Stein, rauf und runter und mußten am Ende umkehren, da wir den Weg mit unserer Kleinen nicht bewältigen konnten. Aber es war irgendwie wie im richtigen Leben. Man hat eine Vorstellung, plant etwas und am Ende läuft es ganz anders. Es war egal. Die Strecke sah auf dem Rückweg von der anderen Seite gleich nochmal ganz anders aus und war trotzdem sehr schön. Eine schöne Wanderung. Gut überlebt. Wir hatten wirklich schon andere Probleme als eine ungeplant verlaufende Wanderung und eine Kehrtwende zu machen.

Ein paar Momente versuchte ich einzufangen…

Licht und Schatten…

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Glockenblumen…

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Dem Himmel so nah…

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Diese Puschel waren so weich – sie hätten ihm sicher gut gefallen…

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Die Farbe erinnerte mich an die Farbe seiner Löwenmähne…

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Ganz weit oben – nochmal dem Himmel so nah…

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Diese Zartheit. Diese Frische. Diese Reinheit, dieses schützenden Frauenmantels! Wow.

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Nach der Wanderung stärkten wir uns zu Hause erstmal beim Löwen-Kuchen.

Abends führte uns unser Weg zum Friedhof. Es lag hier immer noch ein Geschenk. Ein Korb voller Kerzen. Unsere bunten Schätze, die wir von der Wanderung mitgebracht hatten. Und wir wollten ein paar Seifenblasen pusten, bei Johannes sein. Ihm einen ganz persönlichen Besuch abstatten. Wir waren nicht die einzigen, die Johannes besuchten. Wir sahen es an den kleinen Besonderheiten, die von seinen Besuchern mitgebracht wurden…

Ein Affe vom Bruder gebastelt:

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Windspiel…

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Ein „Bob der Baumeister“ für kleine Kerle:

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Und ein sehr stolzer Löwe.

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Eine süße kleine Holzpfeife ist links auf dem Geschenke-Bild oben im Beitrag zu sehen. Und eine schöne Rose fanden wir am Grab.

Wir sind froh, das dieser lange Tag zu Ende ist. Wir haben sicher das beste draus gemacht, was man draus machen konnte. Und wir danken allen, die uns begleitet haben, die Johannes etwas gebracht haben, die uns nahestanden. Die den Tag zu dem gemacht haben, was er war. Danke an alle, die uns -wie auch immer- nahe waren.

Es grüßt herzlich

die Löwenmama

„Noch 3 x schlafen, dann kommt Johannes wieder!“

2. August 2012

„Noch 3 x schlafen, dann kommt Johannes wieder!“, sagte meine bald 4jährige Tochter gerade zu mir. „Wo ist der Johannes? Ist der Johannes am Friedhof?“, fragte sie. „Mama, holen wir den Johannes morgen wieder ab? Können wir den wieder aufdecken?“

Was sagt man einem so kleinen Kind, das schon so viel und doch zu wenig versteht? Wie erklärt man so einer kleinen Maus, wieso der immer noch so sehr vermisste Bruder, den sie immer noch so präsent hat, der täglich Thema bei ihr, bei uns allen ist, dass Johannes nicht mehr kommt? Das wir ihn eben nicht morgen abholen können, wie von ihr energisch beschworen? Als würde etwas wahr, sagt man es sich nur oft genug vor. Wie erklärt man ihr, dass er von uns vergraben wurde und es so richtig war? Das er unter der Erde liegt und wir ihn nicht mehr aufdecken können.

Man vermeidet ohnehin Formulierungen wie „er schläft“ oder „er war krank“. Man sagt „er war gaaanz schlimm krank“ damit sie nicht denkt, sie stirbt wenn sie nächstes Mal krank ist. Wie erklärt man, dass ein Herz nicht mehr schlägt und eine Lunge keine Luft mehr einsaugt oder ausstößt? Wie erklärt man, was „tot sein“ bedeutet? Und warum man dann vergraben wird, warum man nicht mehr aufgedeckt werden kann und alle so sehr traurig darüber sind. Wo doch alle mal weggehen und dann bald wieder kommen.

Warum dann nicht auch Johannes?

„Mama, morgen tun wir den Johannes aufdecken!“, sagt sie und lächelt mich mit ihren großen braunen Augen erwartungsvoll an…

Wo geht`s hier raus aus dem Fragenlabyrinth ohne Antworten?

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die Löwenmama

Impressionen am Kindergrab

26. Mai 2012

„Viele, viele bunte Smarties Blumen.“

Das genau war gestern meine Assoziation, als ich durch den Gartencenter schlappte und mal wieder Blumen für des Löwen Spielwiese aussuchte. Es sollte bunt, verspielt und kindlich sein. Nichts von diesem symmetrischen Erwachsenenkram. Ein alter Mann kam zu Johannes Grab gelaufen als ich fast fertig war und sagte, ich hätte es wirklich schön gemacht. Das hat mich auf eine seltsame Art gefreut und berührt.

Also, wer mag: Impressionen an einem Baby-Grab…

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Glockenblümchen als Engels-Versteck. Sie waren viel mehr zart lila, nicht so blau wie auf dem Bild.

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Huch, da hat sich eine Giraffe zwischen den kunterbunten kleinen, bunten Smarties Portulak-Röschen versteckt.

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Mit diesem Dachboden-Fund würde er jetzt sicher sehr gerne spielen, wenn…

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Bunter Island-Mohn könnte fast als Löwenmähne durchgehen von der Form her…

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Und immer noch alle Steine und Schneckenhäuser – Johannes, wir vermissen Dich so unendlich sehr.

Was Würdest Du wohl jetzt machen, kleiner Mann? Du wärst jetzt 21 Monate alt. Würdest durch den Garten rennen und ich hätte abends große Mühe, Dich und Deine Schwester ins Bett zu bekommen. Würdest alle Bauwerke unter großem Protest Deiner Geschwister gekonnt zerstören, erste Hüpfversuche auf dem Trampolin wagen und alle Herzen brechen, denn Du hattest einen ganz besonderen Charme mit Deinen karamellbraunen Haaren und so besonders blauen Augen. (Wenn sie nicht einfach aufgehört haben ihre Farbe zu wechseln, als Du aufgehört hast Dich weiter zu entwickeln, zu wachsen, Zähne zu bekommen…)

Unser Leben ist zur Zeit ein Mitgehen mit dem Terminkalender. Der Bau unseres Hauses erfordert viele, viele Termine. Der Löwenpapa schreibt zwischen den Terminen seine Masterarbeit. Ich hechte von Dienst zu Dienst, das bringt zusätzlich Streß. Aber für mich war es richtig, wichtig und gut wieder ins Berufsleben einzusteigen. Ich merke auch erst jetzt, dass ich im Johannes-Jahr Selbstvertrauen eingebüßt habe. Das kommt wieder. Das ist gut so.

Aber weil alles zur Zeit so hektisch und voll ist, bleibt wenig Zeit für einen selbst. Das kann in der Trauer auch mal ganz gut sein, wenig Zeit zu haben, einfach nur mit allen Terminen mitzugehen. Aber es ist echt anstrengend. Es wird aber auch wieder anders.

Das ist sicher auch der Grund, wieso ich hier gerade weniger schreibe. A) fehlt mir die Zeit und b) interessiert es hier vermutlich niemanden, dass wir Türen und Drückergarnituren, Holzböden und eine Küche ausgesucht haben und wie es in der Arbeit war. Wobei – das wäre Stoff für ein eigenes Blog. Ein mal zur Abwechslung lustiges. 😉

Meine Trauer ist zur Zeit mal gar nicht, mal voll da. An einem anderen Tag begleitet mich Johannes einfach ständig. Das fühlt sich dann gut an. Es wechselt täglich. Ist nicht immer einfach. Aber das hat ja auch niemand behauptet, das es einfach ist.

In der Arbeit gibt es Johannes nicht. Das ist einerseits gut, weil ich ich sein darf. Andererseits ist es beklemmend, wenn ich Johannes erwähne, weil es ihn eben nicht gibt, er es übergangen wird und das Gespräch abbricht oder das Thema gewechselt wird. Auch wenn meine engsten Kollegen von Johannes wissen. Das ist ganz klar der Hilflosigkeit geschuldet, wie damit umzugehen.

In der Arbeit findet sich oft die Löwenmama mit der Maske. Wo es blubbert, sprudelt und lacht. Ich eigentlich gar nicht ich bin, oder irgendwie auch wieder doch. Es ist locker leicht, aber leider auch oft anstrengend. Irgendwie bin ich da jemand anderes. Dort sind nur Anteile von mir. Die anderen Anteile haben dort keinen Raum.

Ich habe momentan immer öfter das Gefühl, ich würde gerne ein gutes Gespräch über Johannes und diese Zeit führen können. Aber immer in dem Moment mangelt es an einem geeigneten Gesprächspartner. Die gibt es ja nicht in Überzahl. *doofgrins* Ich habe Redebedarf. Weiß aber gar nicht so recht, warum. Wo einsteigen. Ist das Aufarbeitung? Eigentlich gibt es nichts zu reden, es ist, wie es ist. Aber es war schon enorm viel, was da in diesem Jahr auf uns eingeprasselt ist.

Manchmal möchte ich einfach nur weinen. Ganz wortlos. Manchmal tu ich es auch. Manchmal geht es aber nicht. Falsche Zeit, falscher Ort. Und auf dem Weg zur Arbeit schaut das einfach scheiße aus, wenn man mit frisch verschmierter Kriegsbemalung antanzt. Also brav Tränen runterschlucken, über die Fingerabdruckkette streichen und fertig.

Johannes Geburtstag beschäftigt mich jetzt schon gedanklich sehr. Was mache ich an diesem 14. August? Der Löwenpapa ist nicht da, an seinem Studienort, hat aber schon eine Idee für sich. Ich hab noch keine. Wollte zuerst Kaffee trinken und ein bißchen feiern mit der Familie. Ich denke aber eher, dass ich mit den Kindern einen Ausflug machen werde. Vielleicht in die Berge? Uns wird sicher etwas einfallen. Aber feiern möchte ich nicht. Es wird aber wieder ein Sommerfest geben. Nicht an diesem Tag. An irgendeinem. Für Johannes. Jedes Jahr. Mit bunten Luftballons… eben wie viele, viele bunte Smarties.

Es grüßt euch herzlich

die Löwenmama

Muttertag am Grab

13. Mai 2012

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Es gibt keine Worte dafür was heute in mir vorging, als ich an Johannes Grab stand und weinte.

 

Es grüßt

die Löwenmama

 

Schneelöwe

16. Februar 2012

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Gestern war ich nicht beim Löwen. Es ist für mich noch ziemlich neu, ihn nicht jeden Tag zu besuchen, aber ich kann langsam etwas besser damit umgehen. Ich schau normalerweise jeden Tag einmal zu ihm, das ist mir auch sehr wichtig. Ich brauche das! Aber gelegentlich kam es jetzt schon vor, dass es einfach nicht gut möglich war. Da flossen auch mal Tränen und eine große Hilflosigkeit machte sich breit.

Ich wollte aber auch nicht, dass es sich zu einem Zwang entwickelt. Ich habe mich gefragt, wie ich dem begegnen würde, wenn jemand anderes so fühlen würde. Ich würde demjenigen sagen, dass es sich gut anfühlen soll, dorthin zu gehen. Und das man es tun sollte, weil es einem gut tut und nicht weil man muß. Es wäre nicht richtig ein schlechtes Gewissen zu haben, weil man nicht dort war. Und das hatte ich. Eine Kerze neben seinem Bild hier am Tisch hat da nicht gereicht.

Das fühlte sich für mich nun nicht mehr gut an, das die Welt schier unterging, wenn ich nicht dort war. Aber es gibt einfach nunmal Siutationen, da wäre es nicht richtig, es mit Biegen und Brechen durchzusetzen, wenn es eigentlich grad gar nicht geht, wenn ich z.B. mein Mädchen extra wecken müßte um zum Friedhof zu fahren oder es arg weint, weil es jetzt einfach nicht wegfahren möchte sondern weiter spielen, wenn ich riskieren würde liegenzubleiben, weil die Straßen so schlecht sind, … .

Gestern war es der Schnee, der mich nicht hat fahren lassen. Es hat sooo viel geschneit und die Straßen waren wirklich in einem schlechten Zustand und ich habe mich nicht auf den Weg gemacht.

Heute morgen hatte ich schon arg zu kämpfen und ordentlich nasse Hosenbeine, bis ich zu seinem Grab kam. Der Schnee lag so richtig hoch und die dritte Laterne, die mit dem kleinen Babylöwen drauf, konnte ich gar nicht mehr sehen, so eingeschneit war alles.

„Kleiner Löwe, auch wenn ich Dich mal nicht besuche, ich habe Dich nicht vergessen! Aber das weißt Du… Mami liebt Dich!“

Eingeschneite Grüße

die Löwenmama

traurig

29. Januar 2012

Heute ist so ein Tag,  wo es einfach nur unerträglich ist. Am Nachmittag führen wir von einer Veranstaltung des Großen nach Hause. Nein, nicht ganz. Alle fuhren mit ihren Lieben nach Hause, wir hingegen, wir machten den täglichen Abstecher zum Friedhof und fuhren dann erst nach Hause. Aber nicht komplett, sondern ohne unseren Kleinsten.

Vorgestern waren wir eingeladen und die Marienkäferchen sind immer wieder ein kleines Geschenk. Ich hob das Besteck und schon sah ich ihn.

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Aber der kann mich heut auch nicht trösten.

Da ist einfach nichts.

Nichts!

Eine heute sehr leere

Löwenmama