Ich stelle immer wieder fest, dass ich von jetzt auf gleich den Impuls habe, quasi sofort was am Grab ganz anders zu machen. Ich bin ja täglich dort und dieses tägliche „reinemachen“ ist fast so eine idiotische Assoziation wie Kinderzimmer aufräumen.
Jetzt im Herbst, bis die Blätter von dem großen Baum komplett abgefallen waren, war das jeden Tag echt krass. Jeden Tag einen ganzen Haufen Blätter vom Grab räumen, hier ein Blättchen, da auch noch eins, es steht ja so viel drauf. Die Lichter werden kontinuierlich mehr, ein Stoff-Eselchen – sein Sternenfänger. Und noch bemalte, große Steine von lieben Menschen, die an den Löwen gedacht und sich auf diese Weise verewigt haben. Einfach mal schnell mit Gartenwerkzeugen drüber geht deswegen gar nicht, aber in einem echten Kinderzimmer geht man ja auch nicht mit der Harke durch. Deswegen ist das schon ok. So hat man immer noch was, um das man sich kümmern kann, auch wenn das ganz schön krank ist. Es gibt ja nichts kränkeres, als ein Kindergrab zu pflegen.
Gestern war wieder so ein „sofort-was-am-grab-tun“-Tag. Ich hatte schon seit Wochen im Kopf, dass ich gern so eine Terrakotta-Kugel mit Sternen-Öffnungen hätte. Die von meinen Forums-Frauen ist viiiel zu schade und ich hätte große Angst, dass sie kaputt geht. Darüber wäre ich arg traurig. Am Samstag habe ich solche, sehr stabile Kugeln in der Werbung gesehen – also hin und kaufen. Dabei habe ich aus dem gleichen Material noch ein kleines Tannenbäumchen erstanden und hatte schon eine Bastelidee im Kopf.
Beim Gärtner hab ich auch noch zwei Büschel lila Heidekraut erstanden und eine Christrose. Diese Pflanze ist wirklch faszinierend. Sieht wunderwunderschön aus, steht in voller Blüte, schöne weiße, große Blüten. Frostfest!! Und wenn es sehr kalt ist, legen sich die Blüten zu Boden und stehen wieder auf, so wie es wärmer wird. Eine Pflanze nach meinem Geschmack. Die mußte auch mit. Blumenzwiebeln für den Frühlung muß ich auch noch einbuddeln…
Aber nun los zum Friedhof. Meine Gartenhandschuhe hatte ich vergessen – egal. Das geht auch mit bloßen Händen. Blumenschale mit den vergammelten Blumen runter, frische Graberde drauf. Christrose und Heidekraut schön eingraben und jetzt die ganzen Steinchen in Herzform, Laternen, bemalten Steine, Schneckenhäuser, die ganzen Mitbrinsel von uns, das Eselchen, die neue Sternenkugel – wohin nur damit. Alles fand irgendwann seinen Platz und das schöne, wir können jetzt, das Bild am weißen Holzkreuz mit den gelben, einlaminierten Sternen, viel besser sehen und das ist gut. Ich unterhalte mich nämlich gerne mit ihm und kann mit Bild viel besser gedanklich zu ihm finden.
Heute habe ich wieder geschnitten, laminiert und gebastelt. Diese Sternen-Schnippelei erinnerte mich an den Nachmittag vor der Beisetzung, als wir den Sargdeckel von innen betrachtet hatten und uns diese Bleistiftkritzeleien von der Fertigung so störten und wir wie besessen den ganzen Nachmittag, bis es Blasen an den Fingern gab, blaue und gelbe Sterne aus Tonpapier geschnitten haben, um sie mit doppelseitigem Klebeband in den Sargdeckel zu kleben, um einen Sternenhimmel zu zaubern.
Dieses Bäumchen haben wir ihm nun heute mitgebracht, noch auf unserem Küchentisch stehend:
Mein Mädchen hat mich heute gefragt, wo der Löwe ist. Immer wieder. Und dann fragte sie mich, ob wir den Löwen abholen können. Nachdem der Löwe gestorben war, hatte sie nie mehr gefragt, wo er ist. Wenn wir sagten, wir fahren zu ihm hin, war für sie immer klar, dass wir zum Friedhof fahren und sie fragte, ob sie die Kerze tragen darf. Warum sie heute nach dem Löwen gefragt hat und ob wir ihn abholen können – das kann ich nicht ganz nachvollziehen. 😦
Hier noch ein Bild von gestern. Wir waren extra nochmal in der Dunkelheit dort, um uns die leuchtenden Sterne anzusehen und das neue Engelchen, das Wache hält…
Es grüßt euch
die Löwenmama