Posts Tagged ‘lachen’

Mitten im Leben

13. Februar 2012

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Es ist mir wichtig, das zu sagen. Es gibt diese Tage, wo man lacht. Wo ein Tag am Ende dessen nicht nur ein überlebter Tag ist, sondern wirklich ein guter Tag. Heute war so ein Tag!

Die letzte Massage beim Physiotherapeuten und mein Rücken ist wie neu. Liebe Menschen den ganzen Tag um mich rum, wertvolle Kontakte, gute Gespräche.

Um meinen Hals geschlungene Arme meines sehr eigenwilligen Mädchens, über die gute Note meines Größen habe ich mich so für ihn gefreut.

Sichtbare Pläne für ein neues Leben in Händen gehalten! Und von Herzen gelacht. Das hab ich heut auch. Ich fühlte mich „Mitten im Leben.“ Beide Beine fest mit der Erde verankert…

Ich gehe heute ganz zufrieden ins Bett, mein Mädchen immer noch Mama saugend wie ein Schwamm auf meinem Kissen, unter meiner Decke und ich mit einem von Jo’s Lagerungskissen im Arm. Ihn so ganz nah bei meinem Herzen fühlend.

Mit herzlichen Gute-Nacht-Grüßen

die Löwenmama

Ein Adventskalender für den Löwen

2. Dezember 2011

Hallo,

ich wollte euch noch den Adventskalender für den Löwen zeigen:

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Und kürzlich haben wir auch einen ganz schönen Weihnachtsgruß mit einem sehr süßen Löwen für einen sehr süßen Löwen geschenkt bekommen, den wir ihm direkt mitgebracht haben.

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Heute werde ich mit meinen Kindern Plätzchen backen. Mein Großer freut sich schon sehr und ich mich auch. Ich hoff, mein Mädchen hat auch Spaß daran.

Ich merke, das es für mich ein Problem ist Freude zu empfinden, weil ich sofort ein schlechtes Gewissen bekomme. Denke mir, ich freue mich, dabei hab ich keinen Grund, mich zu freuen. Mein Baby ist tot. Aber so werd ich nie richtig ins Leben eintauchen können. Wie kriegt man so ein schlechtes Gewissen weg? Ich hab keine Ahnung. Lachen fällt schwer. Die Tränen sitzen locker. Aber wir werden heute backen. Und ja, ich freue mich drauf.

Es grüßt euch

die Löwenmama

„Du trägst den Löwen immer in Deinem Herzen“

5. November 2011

Dieser Spruch im Titel begleitet uns ständig. Es soll wahrscheinlich ein tröstender Gedanke sein und  bitte, wer das mal gesagt oder geschrieben hat, das ist total ok, denn ihr wolltet ja was tröstendes sagen/schreiben und das ist mehr als schwer die richtigen Worte zu finden, denn was ist schon richtig. Mir ist lieber was sagen und vielleicht für mich nicht die richtigen Worte zu finden, für wen anderes kann es ja tröstlich sein und umgekehrt, als wegzuschauen und mich stehen zu lassen. Ich wollte aber einfach generell ein paar (meine) Gedanken dazu loswerden.

Für mich ist das – zumindest für den Moment – gar kein tröstlicher Gedanke, den Löwen „für immer in meinem Herzen und bei mir“ zu tragen. Ich würde ihn x mal lieber in meinem Arm tragen und in meinem Herzen ist verdammt weit weg. In meinem Herzen tut mir gerade nur weh. Es zerreisst mich. Es soll in mir sein. An meiner tiefsten Stelle. Aber dann würde es doch nicht nur weh tun.

Unter meinem Herzen trug ich ihn 10 Mondmonate lang. Unter meinem Herzen war er ja da, ich habe ihn gespürt. Wir konnten streicheln, stupsen, uns fühlen. Er war zwar in mir drin, aber da.

Jetzt soll er in meinem Herzen sein und ich trag ihn immer bei mir? Das kann ich so nicht fühlen. Vielleicht irgenwann. Aber jetzt nicht. Er liegt in seinem kalten, dunklen Grab, das auch mal meins sein wird. Ich bin jeden Tag dort und ihm näher, obwohl so viel Erde zwischen uns liegt, als wäre er in meinem Herzen.

Ich häng grad durch. Ich höre mich lachen und weine innerlich. Ich reisse Witze, die ich gar nicht lustig finde. Ich laufe aufrecht und fühle mich innerlich so gebrochen.

Es tut so gut, dass alle für mich da sein wollen. Ich möchte mir, aber auch den anderen gerecht werden. Aber mein Leben überfordert ich. Hier sieht es aus wie Sau, soviel Unordnung der letzten Monate, der ich nur langsam beikomme. Es tut gut, rauszukommen. Aber ich hab fast zu wenig Zeit, um überall hinzukommen, wo ich hin will. Nicht hin muß, sondern hin will. Wo ich anrufen möchte. Nicht muß, sondern möchte.

Das Leben überflutet mich gerade, es reißt mich mit. Keine Rettungsweste. Sturmflut und ich mittendrin. Ich treibe immer noch in diesem Meer, aber es ist gerade ziemlich wild und ich hab keine Ahnung, wann es mich wo ausspuckt. Ich hätte gern etwas mehr Beständigkeit in meinem Leben, hab aber keine Ahnung, wie das geht.

Tausend Sachen in meinem Kopf, die ich machen möchte. Völlig überreizt. Und nicht dazu in der Lage, einem simplen Fernsehfilm zu folgen.

Ich hätte gern das neue Jahr. Neues Jahr, neues Glück. 365 neue Tage. Ich hoffe nur, dass ich bis dahin etwas mehr Struktur in mein, in unser Leben, gebracht habe. Vermutlich sollte ich aber der verstreichenden Zeit vertrauen…

Es grüßt euch aus einem völlig verrückten Durcheinander des Lebens

die Löwenmama

Himmugüegeli – unser gepunkteter Mitbewohner

29. Oktober 2011

Ich habe euch noch eine sehr süße Marienkäferchen-Geschichte zu erzählen.

Vergangenen Montag war meine liebe K. hier, meine Hospizbegleitung. (wenn Du mitliest, ich drück Dich ganz fest! :-)) Wir waren gemeinsam am Grab beim Löwen und da saß auf einer Blüte der Pflanzschale, die auf seinem Grab steht, ein Marienkäferchen, ein Himmugüegeli, wie man in der Schweiz dazu sagt (wie ich inzwischen gelernt habe). Ich hätte es wahrscheinlich übersehen, aber K. hat es erspäht. Es war dann weg, das Käferli, aber kurz drauf im Auto entdeckte sie ein (das?) Käferchen auf ihrer Jeans, am Knie, wieder.

Es flog an die Frontscheibe und zu Hause versuchte ich es zu retten und aus dem Auto raus, an die frische Luft zu setzen. Es fiel allerdings irgendwie runter und ich konnte es nicht mehr finden, wir gingen nach drinnen. Als K. eine ganze Weile später den Heimweg antreten wollte und ihre Schuhe anzog, entdeckte sie ein (das???) Marienkäferchen plötzlich in der Diele an der Wand. Es ist einfach verrückt. Seit vorgestern sitzt das Käferchen nun im Wohnzimmer in einer Ecke am Fenster, den Fliegendreck denkt ihr euch jetzt bitte einfach weg. *rotwerd*

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Morgen machen wir einen Ausflug und am Montag gehen der Löwenpapa und ich einen ganzen Tag in die Therme. Ich freue mich schon sehr darauf, denn mein Rücken bereitet mir gerade arge Probleme.

Der Löwe fehlt. Er fehlt sehr. Teilweise lebt man so Momente, da ist es im Hintergrund und man kann auch lachen. Ich denke aber so oft an ihn. Beim Aufwachen, ganz oft am Tag, abends beim zu Bett gehen. Würde man mich fragen, ob Mamas von einem Sternenkind lachen und sich freuen dürfen über irgendwas witziges, tolles, was weiß ich was, was eben gerade so passiert, würde ich sagen „na sicher“ und wäre verwundert, wie man das in Frage stellen kann. Würde mir für die Mama (oder auch den Papa) wünschen, dass er lacht, erst recht lacht und einfach nur lebt. Ich kann es mir aber irgendwie schwer zugestehen. Ich lache und denke mir bald, wie kannst Du Dich nur freuen, denke an den Löwen und bin einfach nur traurig und die Tränen laufen wieder. 😦

Ich weiß, ich darf lachen. Es ist gut, wenn ich lache. Aber es fällt mir schwer, wenn es mir bewußt wird.

Es grüßt euch mit einem Lächeln im Gesicht wegen des Himmugüegelis

die Löwenmama

Trampolin hüpfen ist der Hit

26. April 2011

Heute war wieder unsere Hospizbegleiterin da. Ich mag sie wirklich sehr, sie hat eine liebe, offene Art und wir können wirklich über alles reden, selbst die abgefahrensten Sachen. Und dabei stelle ich dann fest, das ist gar nicht so abgefahren, sondern ihr ging/geht es ganz genauso. Das ist gut. Gleichzeitig sehe ich eine tolle, starke Frau vor mir, die so viel Leben ausstrahlt das ich mir denke, hey ich pack das auch und irgendwann bin ich auch so. Ich sehe aber auch, dass ihr Mädchen in ihrem Leben noch eine sehr große Rolle spielt. Das macht mich merkwürdig froh. Also ist auch ein Kind noch da, wenn es eigentlich nicht mehr da ist. Ich hatte etwas Angst davor, dass es nach und nach verschleiert. Ich weiß gar nicht, wie ich es anders ausdrücken soll.

Mein Mädchen ist wild, wilder, am wildesten. Mein Großer auch. Sie dreht mit dem Trampolin völlig durch. Kaum ist sie wach, will sie hüpfen. Der Große hängt auch dauernd drauf ab und jetzt haben wir ausgemacht, dass wir irgendwann mal in einer lauen Sommernacht alle drauf schlafen. Hoffentlich gibts dann keinen Platzregen.

Auf dem Trampolin haben wir wirklich die tollsten Momente.

Meinem kleinen Muck geht es nicht so gut. Er schläft immer mehr und es kommt immer öfert vor, dass er gar nicht richtig wach wird. Heut war die Physio da und hat ihm die Lunge frei geklopft und gerüttelt und er schlief währenddessen, wurde erst wach, als sie ihn auf den Bauch gedreht hat. Das war letztens auch schon so. Merkwürdig. 😦 Die Lunge verschleimt immer mehr, hat einfach damit zu tun, dass die gesamte Muskulatur im Brustkorb nachlässt und ihm das Atmen schwerer fällt und die Lunge nicht mehr gut belüftet ist, kombiniert mit schlechtem Abhusten. Er rasselt viel beim Atmen und wenn er versucht zu husten, hört sich das echt schrecklich an. 😦

Mir gehts so lala. Mal laufen die Tränen, dann wieder nicht. Ich glaube, das hatte ich noch gar nicht erzählt… letzte Woche hatte tatsächlich noch eine aus dem Klinikum angerufen. Als wir dort zu der Erstuntersuchung im SPZ waren kündigte man an, wir würden auf ne Liste kommen und das Löwenbaby jedes halbe Jahr zu einer Untersuchung terminiert, wo man den Verlauf dokumentiert und schaut, wo er Förderbedarf hat. Die hatten wohl nun vergessen, uns von dieser Liste zu nehmen. Letzte Woche ruft diese Frau an und will uns nun einen Termin für die entwicklungsneurologische Untersuchung geben. Ich hab ihr erklärt, dass wir einen Befund haben und man wohl vergessen hat, uns von der Liste zu nehmen.

„Ja aber er würde eben auf ihrer Liste draufstehen, also müsse sie auch den Termin vergeben.“ Ich sagte ihr dann, dass er Morbus Krabbe hätte und es sich dabei um eine lebenslimitierende Stoffwechselerkrankung handeln würde und wir diesen Termin nicht benötigen. „Aber wir stehen auf dieser Liste und dann müssen wir auch kommen.“ Ich hab ihr also nochmal erklärt, dass er bald sterben wird. Hallo, ist die begriffsstutzig? Da sagt die doch glatt nochmal, dass wir auf ihrer Liste stehen. Tickt die noch? Ich sagte ihr dann, dass er sich gar nicht mehr entwickelt und nicht mehr lange leben wird. Da sagt die doch glatt, sie müsse das erst mit der Fr. Dr. Blablablubb in Rücksprache klären. Ich wußt in dem Moment nicht, ob ich lachen oder weinen soll. 😦 Größer gehen Fettnäpfchen ja kaum.

wichtige Impulse zum Tag X

23. April 2011

Meine Hebamme hat uns gestern besucht und hat sich auch noch mit ihren Handabdrücken auf dem Tuch für den Löwen verewigt. Die waren noch ganz wichtig, ihre Hände haben ihn als erstes berührt. Sie hat uns noch einige wichtige Impulse gegeben, wenn der Tag X ist.

Wir wußten nicht, dass wir das Löwenbaby gar nicht aus den Händen geben müssen. Das Wissen ist sehr wertvoll für uns. Wir haben gestern ins Bestattungsrecht reingeschaut und es ist tatsächlich so, dass wir mehrere Ausnahmegenehmigungen einholen können. Der Muck darf ohnehin bis 36 Stunden auch nach seinem Tod bei uns bleiben im Haus und wir können mittels Ausnahmegenehmigung erwirken, dass er bis zu seiner Beisetzung bei uns bleiben kann. In seinem Sarg dürfen wir ihn sogar selbst zum Friedhof zur Beisetzung bringen.

Mein Baby langt niemand anderes an, wenn ich es verhindern kann. Ich hab ihn geboren und unsere Hände werden ihn zuletzt berührt haben. Und nicht irgendein fremder Mensch.

Ich habe mir die letzten Tage viele Gedanken über den Tod gemacht. Ich habe inzwischen gar keine Angst mehr davor. Wenn meine Zeit abgelaufen ist, gehe ich eben zu meinem kleinen Löwenbaby. Ich hatte immer sehr große Angst vor dem Tod. Konnte mir nicht vorstellen, dass die Welt sich ohne mich weiterdreht. Ist wirklich so. Ziemlich von mir selbst überzeugt, hm?

Jetzt gerade sehe ich es so, dass ich noch hier bleiben muß, weil mindestens mein Mädchen und mein Großer mich brauchen. Mindestens zwei gute Gründe und mir fallen auch noch ein paar mehr ein, der Löwenpapa zum Beispiel. Ich bin nicht lebensmüde, aber es sind nur Gründe, die nichts mit mir selbst zu tun haben. Klar haben meine Kinder mit mir zu tun – ach blöd auszudrücken. Ich hoffe, irgendwann ändert sich diese Sichtweise wieder, vielleicht wenn ich irgendwann aus diesem Tal wieder raus bin. Ich würde mich darüber freuen, wenn auch mal wieder was kommt, was mir was bedeutet, so wichtig ist, dass es für mich nicht nur drum geht, meine Kinder durchs Leben zu begleiten, sondern selbst an dem ein oder anderen zu hängen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, irgendwann wieder richtig glücklich zu sein, ganz frei zu lachen. Das ist einfach ein richtig großer Schatten auf meiner Seele. Wenn mein Löwenbaby geht, wird mein Herz brechen. Das kann man nicht mehr kitten.

Der kleine Muck liegt seit gestern nur noch erhöht, auch nachts. Ich vermute, sein Mageneingang schließt nicht mehr sicher und plötzlich schwappt was hoch und es kommt durch seine Nase. Er hat sich schon etliche Male arg verschluckt und schlecht Luft bekommen und ich mußte ihn absaugen. Hab ich schon erzählt? Er kühlt oft furchtbar aus, vor allem nachts. Obwohl er Body, Schlafi, Socken, Schlafsack, zwei Fleece-Babywolldecken, meine Wolldecke, meine dicke Zudecke und ein Fell, auf dem er liegt, hat kühlt er total aus. Vorgestern morgen hatte er nur noch 33,33 °C (rektal). Ich dachte schon, dass Thermometer gibt den Geist auf, aber zwei Stunden später hatte er immerhin schon gute 35 °C, also stimmte das schon. Er fühlte sich auch eisig an sonst hätte ich nie die Idee gehabt zu messen. Seine Temperaturregelung im Gehirn scheint zu spinnen und er bewegt sich ja nicht und hat kaum Muskelmasse. Ist wirklich ein Problem. Er bekommt jetzt wieder Wärmflaschen mit ins Bett…

„alles kaputt, es ist alles kaputt“ – Meldung aus der Seifenblase…

7. April 2011

Ich will aus dieser beschissenen Situation raus. Ich will mal wieder einfach nur so unbeschwert lachen. Als ich gestern aus dem Hospiz kam, standen da Eltern draußen und haben richtig gelacht. Ich dachte mir ‚wow, die können das noch, oder wieder … ‚ was weiß ich. Kann ich das auch irgendwann wieder? Werd ich wieder sowas wie Spaß erleben, glücklich sein? Geht das noch, nach allem was ist und was noch kommt? 😦

Das war das, was ich kürzlich mit leben in der Seifenblase meinte. Die Welt da draußen läuft normal weiter, wir da drin, kein Boden mehr unter den Füßen. Man will wieder am Leben teilhaben, will wieder Boden unter den Füßen spüren. Man will, dass die Blase platzt, was aber im Umkehrschluß bedeuten würde, dass man sich wünscht, dass der löwe stirbt. Aber wollen tun wir das ja auch nicht.

Das ist alles Mist.

Ich möchte mein Baby um alles in der Welt behalten, aber es ist so kein Leben. Also ich kann es kaum mehr ertragen. Heute mußte ich ihn wieder rumdrehen, weil er sich an seinem Speichel so arg verschluckt hat. Der ist recht zäh und ich sauge eh schon immer wieder mit dem Mucex Absauger manuell überschüssigen Speichel aus dem Mund ab. 😦 Aber manches kommt auch aus der Lunge hoch und er kann inzwischen sehr schlecht abhusten. Essen wird immer schwieriger. Er atmet oft so flach und hat richtig lange Atempausen. Er gibt kaum einen Ton von sich, außer er jammert und dann bin ich mir nie sicher, ob ihm was weh tut und wir versuchen uns wieder mit Schmerzmitteln. Er kann sich so gut wie nicht bewegen und macht sich ständig steif. Es ist ja nicht so, dass ich ihn hergeben muß und er den ganzen Tag munter brabbelt, rumstrampelt, kullert, lacht… lachen kann er schon lange nicht mehr. Er kann nicht mal mehr am Schnuller nuckeln. Es ist so schrecklich ihm dabei zuzusehen, wie er nach und nach abbaut.

Mein Mädchen hat vorgestern ein altes Buch von meinem Großen zerrissen und er weinte „alles kaputt, es ist alles kaputt“ und ich begann mit dem Löwenbaby  im Arm auch zu weinen weil ich dachte „ja, alles kaputt, es ist alles kaputt“. Ich hab den kleinen Kerl ganz auf die Welt gebracht, bis auf dieses eine einzige fucking GALC-Enzym wegen diesem dummen, dummen autosomal rezessiven Gendefekt, den wir ja unbedingt beide haben müssen, der bei jedem 150. vorkommt und bei einem von 100.000 – 150.000 Babies zusammentrifft und Morbus Krabbe macht. An dem kleinen Kerl ist alles dran, bis auf dieses eine einzige Enzym und das macht alles, alles kaputt.

Ja, ich hätte ihn so gerne aufwachsen sehen. Meine Mama sagt immer, er sieht exakt aus wie ich als Baby, bis auf die blauen Augen. Ich hätte gern gesehen, wie er mobil wird, gehört wie er Mama und Papa sagt. Wie er mit seinen beiden Geschwistern spielt. Ich hatte diese Strapaze mit zwei kleinen Kindern, kurzer Altersabstand auf mich genommen weil ich wollte, dass die Kinder miteinander aufwachsen, gemeinsam spielen. Und das tut so verdammt weh, dass alles kaputt ist. Wir wollten evtl. noch ein viertes Kind. Das käme ja jetzt nur noch mit Pränataldiagnostik in Frage. Und ich könnte es nicht abtreiben, wenn es auch die Krankheit hätte. Also käme nur infrage künstlich befruchten zu lassen, nachdem man Morbus Krabbe ausgeschlossen hat. Auf diese Prozedur hätte ich vermutlich null Bock

Wir wollten beide so wahnsinnig gerne eine große Familie. Das ist alles kaputt. Ich bin so gerne Mama, ich hab Kinderlachen so gern. Ich hätte ihn so gern durchs Leben begleitet. Aber alles ist kaputt. Und jetzt sitz ich hier und warte darauf, dass mein Kind stirbt, damit es nicht mehr leiden muß. Mich widert es so an, ihm jeden Tag diese scheiß Medikamente zu geben. Ihm Schleim abzusaugen. Ihm mit der Klistierspritze Flüssigkeit in den Po zu spritzen, damit er nicht austrocknet.

Ach, ich geh besser ins Bett. Hat ja doch keinen Sinn.