Heute morgen hab ich mich schon furchtbar aufgeregt. Max Liebermann, Dein Zitat ist mir gerade immer noch so nah: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte!“ Das denk ich mir jedes Mal, wenn ich so engstirnige Leserbriefe in der Tageszeitung zum Thema PID lese.
Man kann ja geteilter Meinung sein. Aber ich habe wirklich ein sehr ernsthaftes Problem mit Leserbriefen wo sinngemäß drinsteht, dass quasi alles einen Sinn hat und man es als gläubiger Christ nur annehmen muß oder ähnliches. Oder Leserbriefe, wo man von Bekannten erzählt, die im Rollstuhl sitzen, also eine Körperbehindernund haben und deren Leben sehr wohl lebenswert ist und die es wohl mit der PID nicht mehr geben würde oder künftig wird.
Ich weiß, es gibt so Wahnsinnige, die eine PID auf sich nehmen, um ein Mädchen oder Jungen zu bekommen. Ich kenne keine solchen Menschen, aber es gibt ja alles mögliche verrückte auf der Welt, warum nicht auch das. Aber dafür haben wir ja diesen sehr engen gesetzlichen Rahmen, eine Ethikkomission und nur wenige Zentren, die das anbieten. Was denn noch? Letztlich kann man das alles umgehen, wenn man so will, und sich ein paar nette Tage in einem Land machen, wo man ohne Probleme die ganze Palette haben kann. Bezahlen muß man es hie und dort, denn die PID wird derzeit in Deutschland noch von keiner Krankenkasse bezahlt!!
Man darf aber wirklich nicht vergessen, was das für ein Act ist, den man da auf sich nimmt. Man geht ja nicht nett hin und sucht sich mal eben den richtigen Zellhaufen aus (ich schreibe bewußt provokant!) und hat das Designerbaby im Bauch, sondern man muß den gesamten Apparat der künstlichen Befruchtung durchlaufen. Stimulieren, per Eingriff Eibläschen absaugen, im Reagenzglas künstlich befruchten, Zellen entnehmen und untersuchen und dann transferieren und dann erstmal schauen, ob es geklappt hat. Es gibt zig Nebenwirkungen und das ist echt kein Spaziergang. Lest doch mal in entsprechende Foren rein! Wer ist so jeck und tut sich das freiwillig an?
Wenn man die PID in Anspruch nimmt heißt das ja nicht zwangsläufig, dass man ein gesundes Kind bekommt. Man schließt einen kleinen Teil an Krankheiten aus, wenn man z.B. eine genetische Vorbelastung hat. Das ist ein klitzekleiner Teil an Eltern, für die dieses Verfahren in Frage kommt!
Wie pervers ist das eigentlich? Wir könnten munter ein Kind zeugen, es während der Schwangerschaft mit den gängigen Instrumenten der Pränataldiagnostik auf Morbus Krabbe untersuchen lassen und es dann einfach so abtreiben, wenn es Morbus Krabbe hat. Das ist gängig. Das ist legitim. Das ist gesetzlich erlaubt. Das ist alles schöööön gedeckt und wird auch noch fix von der Kasse bezahlt.
Wenn man aber mit Gen-Schrott verantwortungsbewußt umgehen will, wird das verurteilt? Wird man in die Nazi-Ecke gedrängt? Ja wo sind wir denn? Würde ich schwanger werden und abtreiben, würde man sagen „ach die Arme, das Kind war so krank“. Aber mit der PID zeigt man mit dem Finger auf mich? Könnte man meinen, wenn man manche Leserbriefe liest.
Aber was mich noch viel mehr stört: da sind diese Leute alle pro Leben. Es gibt so viele schwer kranke, behinderte Kinder, Menschen. Wen juckt das, wie die an Hilfsmittel kommen, die sie nicht selten dringend brauchen? Wie lange muß man mit viel Nerven um so vieles kämpfen? Nur ein klitzekleines Beispiel: ich brauche ein Stethoskop um den korrekten Sitz der Magensonde zu überprüfen, ehe ich füttere, wenn ich keine Nahrungsreste über die Sonde mit der Spritze hochziehen kann. Das hat 14,90 Euro gekostet. Die Beihilfe hat es bezahlt (80 %), die private Versicherung (20 %) nicht. Haben sie nicht im Leistungskatalog. Ich kann, weil ich einen Ergänzungstarif habe, den Beihilfebescheid nachträglich einreichen, dann begleichen sie es doch noch. Dieses Gedöns rentiert sich wegen der paar Euros aber echt nicht. Das ist nur ein kleines Beispiel von vielen. Hätte noch mehr auf Lager.
So. Wer also pro Leben ist, wer also warum auch immer – respektiere vieles – gegen die PID ist, sollte sich dringendst dafür einsetzen, dass alle schwer kranken oder behinderten Menschen in ausreichender Menge und ohne ständige Kämpfe die Hilfsmittel zur Verfügung gestellt bekommen, die sie und ihre Angehörigen die sie pflegen für ein würdiges und so beschwerdefreies Leben wie nur irgend möglich bekommen. Ist das zuviel verlangt? Ja? Dann kommt gleich mein großer Aufschrei! Nein? Warum setzt ihr euch dann nicht endlich mal dafür ein?
Zum Sinn von solchen Krankheiten schreib ich nachher oder morgen was. Wollte ich schon gestern, da geistert mir ein Gedankenkreis im Kopf rum, aber ich bin grad echt zu sehr auf Krawall gebürstet!
Ach und wie es dem Löwen geht, schreib ich später auf jeden Fall noch, denn es geht ihm besser!! 😀