Archive for Juli 2012

„Mama, ich bin der Wind!“

21. Juli 2012

„Mama, ich bin der Wind! Die Marienkäferchen sind mir ein bißchen langweilig geworden. Deswegen siehst Du keine mehr. Aber mit dem Wind kann ich runterschmeißen und aufheben spielen.

Ich kann sogar Türmchen umwehen. Das hat so gerummst und einen riesen Spaß gemacht! Hast Du es gesehen? Schimpf nicht, ich hab schon aufgepasst, dass sich niemand weh tut!

Mit dem Wind kann ich Dich sogar streicheln, wenn die Sonne ihn ganz warm gemacht hat. Ich weiß, das Du das so sehr magst und genießt!

Wenn ich mit dem Wind genug gespielt habe, spiel ich ein bißchen mit dem  Wasser weiter und mach alles naß, manchmal auch Dich! Und dann male ich ein paar bunte Bögen an die Wand Deiner Welt. Du freust Dich immer so darüber.“

Ich schrieb einmal, dass mir irgendwann von meinem Kind nicht mehr bleiben wird, als das Singen im Wind. Johannes scheint zur Zeit eine sehr besondere Vorstellung davon bekommen zu haben. Selten hab ich es so stürmisch erlebt wie zur Zeit. Marienkäferchen sehen wir gar keine mehr. Aber das macht nichts! Dafür gibt es umso öfter Regenbögen.

Auf unserer Baustelle ist letzten Samstag eine sehr hohe Wand durch eine Windböe umgeblasen worden. Es gehörte eine Horde an Schutzengeln dazu, dass die drei Bauarbeiter nicht darunter gerieten. Was waren wir froh! Manchmal könnte man meinen, irgendwer hat seine kleinen Fingerchen im Spiel…

Danke für alle Regenbögen, Sonnenstreichler und Windspiele…

Das ist Johannes neuestes „Spielzeug“. Ich kam kürzlich einfach nicht dran vorbei…

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Es grüßt euch herzlich

die Löwenmama

Schon wieder ein Regenbogen! *freu*

15. Juli 2012

Oh wie schön, schon wieder einer!! Und es sind so viele zur Zeit…

DANKE !!!

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Es grüßt herzlich

die Löwenmama

Regenbogen versus Marienkäfer

9. Juli 2012

Es sind gerade die Regenbögen, die mich ganz oft begleiten. So wie ich letztes Jahr x Marienkäfer gesehen habe, sind grad überall bunte Farbtupfer am Himmel. Ob sich Johannes an den kleinen gepunkteten Freunden sattgesehen hat? Hatte er einfach mal Lust auf was anderes? Ich freu mich jedes Mal über meine „Himmelsleiter“. Diese hier begleitete uns gestern eine ganze Autofahrt lange.

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estern habe ich während der Autofahrt mal ne andere CD gehört. Ein Lied, das ich öfter hörte als Johannes noch lebte. Silbermond. „Ich bereue nichts“.

 

Ich halte deine Hand, so lange wie ich kann
Und tret` die letzte Runde an

Wir haben’s beide gewusst und doch verdrängt bis zum Schluss
Dass man die Zeit nicht besiegen kann

Vielleicht wär`s besser, es wär so nie passiert
Doch vielleicht ist so ein feiges Wort

Wir haben immer gekämpft und kein Sandkorn verschenkt
Und jetzt stehn wir hier

Und ich bereue nichts
Nicht einen Schritt, nicht einen Augenblick davon
Auch wenn`s verloren ist
Auch wenn`s für uns nicht reicht
Es war doch nichts umsonst
Bereue nichts davon
Nichts davon

Die Zeit läuft gegen uns, das letzte Korn fällt stumm
Und langsam ist die Runde um

Wir haben auf Sand aufgebaut, das hat uns viel Kraft gebraucht
Doch alles davon, war es mir wert
Und ich dank dir für jeden Tag bei dir

Denn ich bereue nichts
Nicht einen Schritt, nicht einen Augenblick davon
Auch wenn`s verloren ist
Auch wenn`s für uns nicht reicht
Es war doch nichts umsonst
Nicht umsonst

Ich bereue nicht ein falsches Wort, nicht einen Augenblick
Ich nehme keine Schritt zurück
Denn ich bereue nichts
Ich bereue nichts
Ich bereue nichts
Nichts davon
Ich bereue nichts

 

Es hat mich regelrecht umgehauen. Diese Emotionen von damals, als er noch da war, mit allem was ich mit diesem Lied verband und den Emotionen die gestern aufbrachen, jetzt wo er nicht mehr da ist. Ich hab so geheult.

Es war, als hätte jemand ein Faß ohne Vorwarnung aufgemacht und es sprudelte nur so raus. Gibt es Tränenmeere in Fässern?

Ich fühle mich zur Zeit oft kaputt und so ausgelaugt. Könnte ständig schlafen. Aber keine Zeit dazu. Wir haben momentan aber im Leben auch ein Tempo drauf, manchmal raubt mir das echt den Atem.

Nächsten Monat ist Johannes 2. Geburtstag. Der erste Geburtstag seit seinem Tod. Ich hab ein bißchen Angst davor. 😦

Ich brauche noch ein Geschenk für ihn und weiß noch nicht was. Und ich muß noch Ballongas und bunte Ballons bestellen…

Morgen ist mal wieder Grabpflege angesagt. Das Gras drumherum ist hoch. Zuerst wuchs nur lustig bunter Klee drumherum, aber jetzt sieht es arg verwurschtelt aus. Und die Blümchen gehören mal wieder etwas gestutzt. Fällt das jetzt unter Zimmer aufräumen oder Kinderfriseur? Ersteres. Löwenmähnen werden nicht gestutzt, habe ich gerade beschlossen.

Es grüßt euch herzlich

die Löwenmama

Smalltalk

2. Juli 2012

Man überlebt ganz gut. Eigentlich ist alles ok so gut wie es sein kann.

Und dann kommt wieder so ein Moment. Dann passiert es. Eine Situation, die einen wieder völlig überfordert. Eigentlich einfach nur ein Stück des ganz normalen Lebens, das man vorher gelebt hat. Selbstverständlichkeiten, die nicht mehr selbstverständlich sind. Man rechnet gar nicht damit.

Und es fühlt sich an, als sei Johannes eben noch einmal gestorben.

Diese Hilflosigkeit ist wieder da. Diese Unerträglichkeit der Zeit. Sie scheint still zu stehen. Diese körperliche Unruhe treibt einen schon wieder um, die Gereiztheit ist zurück und es geht schon wieder nur darum, diesen einen verdammten Tag zu überleben um zu fühlen, ob der nächste Tag sich noch genauso unerträglich anfühlt oder ob es schon ein bißchen besser ist.

Man fühlt sich so zurückgeworfen. So unfähig am normalen Leben teilzunehmen. Ein bißchen außerirdisch vielleicht. Und man fragt sich: Wird es jemals anders? Kann man das irgendwann wieder?

Es war ein wunderschönes Sommerfest. Sehr mühe- und liebevoll vorbereitet von den Gastgebern. Viele Mensche, die man schätzt und gerne ein paar Worte mit ihnen wechselt. Lange nicht gesehen hat. Ein ganzer Haufen Kinder. Sonne. Lachen. Alles da, um glücklich zu sein.

Und da ist er, der verdammte Smalltalk. Und ich kann es so gut verstehen, so gut nachvollziehen. Respekt und Danke an die, die mit uns gesmalltalked haben.

Smalltalk ist sowas übliches. Und sowas leichtes. Und doch so schwer. Über was smalltalked der Mensch? Über die Arbeit, die Familie, Kinder!!, den Urlaub, irgendein x-beliebiges T’hema und vielleicht aus purer Verzweiflung noch das Wetter.

„Und, wie schmeckt das Arbeiten?“ „Wie geht`s voran am Bau?“ „Diese Hitze heute ist krass, ich hoffe, dass es kein Unwetter gibt während des Festes.“

Ein paar Mutige haben gefragt, wie es uns geht. Ich fürchte diese Frage inzwischen, wenn ich weiß, derjenige weiß eigentlich gar nicht, was bei uns los war. Hat nur mitbekommen, dass unser Johannes gestorben ist. Weiß nicht, woran. Weiß nicht, wie wo was. Vermutliches wird dieses Gespräch nicht über Smalltalk hinausgehen. Dafür taugt dieses so sensible Thema nicht. Also lügt man und sagt „gut“ oder „paßt schon“. Floskelt so vor sich hin.

Und ich für mich spürte, ich bin für solche Veranstaltungen (noch) nicht (mehr?!) gemacht. Zog mich zurück. Mied Blickkontakt. Mied Smalltalk. Denn für die Stolpersteine der anderen bin ich nicht bereit. „Ah, Deine Frau ist schwanger, ihr bekommt ja wieder ein Baby! Wißt ihr schon, was es wird?“ oder was in der Art.

Smalltalk ist mir ein Graus, aber ich verbuche ihn unter notwendiges Übel. Übergrenzwertig wurde es, als mein Mädchen mit den anderen Kindern zu spielen begann und ich dabei saß, um sie im Auge zu behalten. Es waren Kinder in Johannes Alter, also so alt wie er jetzt wäre, dabei. Als sie mit einem kleinen Mädchen spielte, konnte ich meine Tränen kaum verbergen. Ich kannte die Mutter des Kindes nicht und lächelte mehr gezwungen, antwortete zurückhaltend, stellte keine Gegenfragen. Klar, auch hier holt mich natürlich dieser dumme, dumme Smalltalk wieder ein. „Und, wie alt ist Deine Kleine?“ „Wie heißt sie denn?“ etc. pp

Ich hatte keine Lust zu fragen, wie ihre Kleine heißt. Und ich wollte auch nicht wissen, wie alt sie ist. Sie empfand mich sicher als unhöflich, arrogant, verschroben, oder einfach nur doof. Weil sie antwortete, obwohl ich nicht fragte und mit „ah, schön“, „aha“ antwortete und auch alle anderen Bemerkungen „ach, das hat sie von ihren größeren Geschwistern, sie ist das Kleinste“ ignorierte oder sehr kurz angebunden kommentierte.

In mir schrie es „ich will hier weeeeeeg!“ aber mein Mädchen kam der Aufforderung zu gehen, nur sehr zögerlich nach. Und ich fühlte mich auch schlecht deswegen, weil sie sich so freute, einen Spielkameraden zu haben. Und ich kann es so verstehen. Und dann soll sie aufhören zu spielen, weil Mama warum auch immer gehen will. Blöd.

Ich sehe Johannes dort statt des Kindes mit meinem Mädchen spielen. Aber Johannes ist tot. Johannes spielt nicht mit ihr. Das war aber der Plan. Und ich fühle mich fassungslos hilflos. Klage an. Kämpfe mit den Tränen. Spüre diesen körperlichen Schmerz als würde man mich schlagen, immer härter.

Und dann ist sie wieder da, diese Taubheit. Diese Unruhe. Die Unerträglichkeit. Die Zeit, die scheinbar still steht.

Und es fühlt sich an, als wäre er soeben noch einmal gestorben.

 

 

Bügelperlen haben etwas meditatives. Und sie sind herrlich bunt. Und schwupps, schon kam da was angehüpft…

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Viele Grüße

die Löwenmama