Archive for März 2012

Zauber-erde

30. März 2012

*Lebenszeichen setz*

Ich schreib hier gerade nicht so viel und ich wüßte auch gar nicht was. Es ist gerade wenig spektakulär. Viel zu tun, man geht so mit. Gefühlsmäßig ein flaches auf und ab. Vielleicht bin ich auch gerade nicht so nah dran an meinen Gefühlen, das kann gut sein. Es sind doch immer wieder Situationen, die muß man halt schlucken. Gestern war so eine mal wieder…

Wir saßen beim Notar und es ging um einen Kinderbonus. Sagte hier: „Sie haben ja zwei Kinder, …!“ und ich dachte mir: „Nein, ich hab drei, aber das jüngste ist tot und deswegen zählt es nicht für Dich!“. Aber ich hielt brav meinen Mund. Es ändert ja nichts. Und ja, in der Sache rein rechtlich hat er recht. Ich habe nur zwei Kinder.

So wie kürzlich im Finanzamt, weil uns vor kurzem auffiel, dass wir den Kinderfreibetrag für den Löwen noch auf der Lohnsteuerkarte haben. Ich fragte, ob er die Sterbeurkunde einsehen müsse und er entgegnete, dass er das normal aus dem Computer ersehen kann. Konnte er nicht. Warum auch immer. Als hätte es ihn nicht gegeben.

Oder vor ein paar Tagen hatte ich ein Telefonat mit jemandem „vom Fach“, also der immer wieder mit verwaisten Eltern zu tun hat. Nach der Frage, wie es uns geht, war immer wieder Gegenstand des Gesprächs, das andere Eltern zu diesem Zeitpunkt, ein halbes Jahr nach dem Tod des Kindes, noch nicht so weit im Trauerprozess sind. Das es denen viel schlechter geht. Das wir scheinbar auf einem guten Weg sind. Aber immer wieder die Feststellung, das andere Eltern erst nach Jahren an einen solchen Punkt kommen. Ich war nach diesem Telefonat verunsichert. Hatte während des Telefonats das Gefühl, ich muß mich dafür rechtfertigen, dass es mir gut nicht schlechter geht. Ich mußte das erst zer-denken und dann wurde ich sauer. Richtig sauer.

Ich neige nicht dazu, vor anderen plötzlich in Tränen auszubrechen. Aber das muß ich auch nicht. Ich darf so trauern, wie ich mag. Und nur, weil ich nicht spontan vor anderen ständig heule und wie das Leiden Christi durch die Gegend trabe heißt es nicht, das ich nicht trauere. Ich trauere auf meine Art. Irgendwie kann man es nie recht machen. Entweder man trauert nicht „richtig“ (was auch immer das sein mag) oder man trauert immer noch, wo es doch schon sooo lange her ist und man jetzt ja schon mal langsam drüber hinweg sein könnte.

Ich werde nie drüber hinweg sein. Hinweg heißt für mich erledigt. Diese Trauer wird sich verändern. Es werden Löcher kommen, Hoch und Tief werden sich abwechseln. Vielleicht gleichmäßig, vielleicht irgendwann längere Hochs und dafür tiefere Tiefs. Was weiß ich. Aber ich werde meine Trauer über den Tod meines Babies immer in mir tragen. Und es geht niemanden etwas an. Niemand anderer kann sagen, wie richtige Trauer auszusehen hat. Wie ich trauern soll, damit es für die anderen paßt. Mein zorniges Wort zum Sonntag. Löwenmama auf Krawall gebürstet.

Vorletzte Nacht hab ich geträumt vom Löwen, das zweite Mal seit seinem Tod und war wieder sehr verwirrt. Er war schon tot, aber plötzlich wieder da. Er war so hübsch und ganz gesund. Er war mir so fremd, aber auch so vertraut. Er machte einen Haufen Quatsch, lachte, wackelte mit dem Kopf als wollte er sagen „Mama, kuck, ich kann ihn jetzt halten!“. Er kletterte die Treppe rauf und runter und machte wilde Turnübungen.

Was sollen mir dieser Traum sagen? „Mama, mir geht`s jetzt gut?“ Oder ein Wunschtraum?

Nächste Woche ist mein erster Dienst, ich arbeite ab da wieder. Ein neuer Lebensabschnitt. Ich freue mich sehr. Bin aber sehr nervös.

Schaut mal, wir haben Zauber-erde. Vor einer Weile frisch aufs Löwengrab aufgebracht und jetzt wachsen kleine Sternchenblumen überall… sie sehen ein bißchen aus wie seine Sternchenaugen.

Uploaded from the Photobucket iPhone App

Herzliche Grüße

die Löwenmama

Was ein Jahr verändert… Gedanken

24. März 2012

Ich überlege gerade immer wieder, was heute vor einem Jahr war. Wir waren noch total geschockt und versuchten irgendwie zu verstehen, irgendetwas zu organisieren und so etwas wie eine Marschrichtung zu finden.

Einen Tag vor der Diagnose hatten wir die Einladungen zur Taufe verschickt, nun galt es einen neuen, einen früheren Termin zu finden. Die Taufe mußte vorgezogen werden. Von der Narkose für die Lumbalpunkt hatte sich der kleine Löwe nie mehr richtig erholt und die Luminaletten sorgten dafür, dass er ordentlich abgeschossen war und man ihm kaum zutraute, die nächste Woche zu überstehen.

Am 21.03.2011 war unser Dekan da und wir fanden einen neuen Termin für die Löwen-Taufe und änderten die Wahl der Lieder, den Taufspruch. Im Anschluß an das Gespräch erhielt der Löwe die Nottaufe. Das war wirklich sehr bewegend. Aber auch sehr wichtig für uns. Ich spürte noch diese tiefe Beruhigung. Damals glaubte ich noch.

Wir hatten ernste Sorgen, dass er die Taufe am 03.04.2011 nicht mehr erlebt. Er hatte immer wieder Atemaussetzer, baute insgesamt weiter ab. Es gab Probleme mit der Ernährung, die Schutzreflexe waren schon eingeschränkt, was immer öfter zu Problemen führte. Er hat nach der letzten Narkose nie mehr gelächelt und er bekam immer mehr Probleme mit der Mundmotorik. Bald sollte auch das Absetzen des Stuhls Probleme bereiten und der Löwe nichts mehr sehen.

Das Beste, was wir damals machen konnten war, uns beim Hospiz zu melden. Das machten  wir direkt am nächsten Werktag nach der Diagnose. Wir haben dort unheimlich viel Wertschätzung erfahren und aktive Hilfe erhalten. Am wertvollsten war jedoch die Inanspruchnahme des Dienstes der ambulanten Kinderhospizbegleitung. Eine ganz Liebe schenkte uns so wertvoll ihre Zeit, viele Stunden, Woche für Woche. Das war stark. Sehr stark. Aber das besonderste – wir mußten sie nach der Begleitung nicht wieder hergeben. Ich finde es herrlich, dass wir uns weiter sehen. Zu lieb gewonnen einfach. Allesamt.

Jetzt gerade ist diese Zeit, wo sich alles zum ersten Mal jährt. Wo sich alles so neu und ungewohnt anfühlt. Wo nichts mehr ist, wie es war. Wo man ausprobieren muß, wie es jetzt richtig sein könnte, wo das alte nicht mehr paßt. Wo man auch mal wehmütig zurückblickt und nicht verstehen, warum jetzt alles anders ist.

Ich glaube, der Löwe hätte Marienkäfer gerne gehabt… der hier begrüßt uns täglich beim Löwen. Schon von Weitem sieht man ihn leuchten.

Uploaded from the Photobucket iPhone App

Herzliche Grüße

die Löwenmama

Heute vor einem Jahr – die Diagnose

18. März 2012

Es ist genau ein Jahr her, das wir die Diagnose des kleinen Löwen erhielten. Es war ein Freitag, 14.00 Uhr, als mein Herz in tausende Stücke gerissen wurde.

Irgendwie hatte ich es schon geahnt. Der kleine Muck war noch von der Narkose der Lumbalpunktion in einem wirklich jämmerlichen Zustand. Solche Eingriffe steckte er wirklich richtig schlecht weg. Und auch der Mb Krabbe hatte schon ordentlich an ihm genagt, ihm ordentlich zugesetzt.

Irgendwie hatte ich es geahnt, das sowas blödes dabei rauskommen könnte, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und sie starb an diesem Nachmittag endgültig und mit der Diagnose auch ein Teil von mir, von uns allen. Voller Hoffnung gingen wir in diesen Termin, mit großen Bauchschmerzen, gewappnet für vieles. Aber dafür kann man sich nicht wappen. Das ist zu groß. Zu schmerzhaft. Zu schrecklich und pervers.

Ein Freitag Nachmittag für eine solche Diagnose. Der vermutlich denkbar schlechteste Zeitpunkt. Aber die Ärztin wählte diesen. Warum auch immer. Vielleicht dachte sie, der Zeitpunkt wäre gut. Weil vielleicht weniger los ist und mehr Ruhe herrscht. Vielleicht dachte sie aber auch nicht nach. Vielleicht hatte sie vorher keine Zeit? Vielleicht hatte sie keine Erfahrung?

Kein Groll, weil sie uns diese Diagnose mitteilen mußte. Nein. Sie hat in der Diagnostik einen guten Job gemacht. Sie konnte dem, was Johannes hat, endlich einen Namen geben und uns in gewisser Hinsicht erlösen. Zu wissen, was auf einen zukommt ist x mal besser, als nichts zu wissen und ertragen zu müssen, das der Ausgang völlig offen ist.

Aber wie uns das alles verklickert wurde, das ganze „drumrum“, das war wirklich krass und ist unentschuldbar. Wir empfanden (und empfinden immer noch) das als höchst unprofessionell. Mit dem Wissen heute können wir sagen, dass man das um viele Stufen hätte besser machen können. Wie man jemandem so etwas sagt, ist wirklich wichtig für die Seele. Mit unseren Seelen wurde nicht gut umgegangen.

In der Vergangenheit konnten wir mit verschiedenen Menschen sprechen und im Regelfall wird man nach so einer Diagnose aufgefangen. Wir wurden nicht aufgefangen.

Ich bin Polizeibeamtin und mußte schon oft Menschen mitteilen, dass das Liebste, der Partner, die Ehefrau oder gar das Kind ums Leben gekommen ist. Und ich konnte mich nie wesentlich darauf vorbereiten. Entweder hatte ich den Verkehrsunfall selbst aufgenommen oder ich wurde im Streifenwagen sitzend davon informiert, dass xy ums Leben gekommen ist und wir das bitte der Frau soundso mitteilen sollen. Hinfahren, klingeln, sagen. Keine nennenswerten Möglichkeiten, sich darauf vorzubereiten. Spontan. Und ich behaupte jetzt einfach mal, dass ich guten Gewissens sagen kann, dass ich niemals jemanden zurückgelassen habe, den ich durch mein unprofessionelles Auftreten zusätzlich traumatisiert habe. Egal ob es ein Glas Wasser war, das ich gebracht habe, einen lieben Menschen den man hat anrufen können um den Trauernden nicht allein zurück zu lassen, ob man einen Seelsorger oder ein Kriseninterventionsteam hinzugezogen hat. Diese Nachricht zu überbringen ist Teil meines Berufes, ich wurde dazu ausgebildet und den Rest muß man selbst mitbringen. Es ist richtig schlimm, jemanden so etwas zu sagen. Aber man kann es so tun, dass derjenige das Gefühl hat, er ist nicht allein. Er wird aufgefangen. Es wird ihm beigestanden. Da ist jemand da. „Ich kümmere mich um Dich!“

Als wir die Diagnose erhielten, war das nicht so. Ich hatte in der Zeit zwischen Lumbalpunktion und Diagnose schon um psychologische Unterstützung gebeten, weil es mir sehr schlecht ging. Es hieß, da würde sich „ganz schnell“ jemand bei mir melden. Es hat sich niemand gemeldet. Warum ich nicht selbst nochmal nachgefragt hatte? Ich hatte die Ressourcen nicht mehr.

Bei diesem Termin am 18. März 2011 um 14.00 Uhr baten wir wieder um psychologische Unterstützung. „Da ist jetzt aber keiner da!“, sagte uns die Ärztin.

„Wie kann es sein,“ fragte ich, „dass ich im Dienst zu jeder Tages- und Nachtzeit jemanden der irgendwelche Firlefanz-Probleme hat und ein bißchen austickt, vielleicht einen heftigen Krach mit seinem Partner hat und in diesem Moment psychologische Unterstützung braucht ins Klinikum auf die entsprechende Station bringen kann und demjenigen wird geholfen und jetzt sagen Sie mir, dass unser Kind stirbt und da ist niemand da?“.

„Am Freitag Nachmittag ist niemand da, Sie müssen irgendwie das Wochenende überstehen und am Montag können Sie xy erreichen!“. Sagte sie. Und ich fühlte mich so verloren.

Ich hatte einen Heulkrampf, ich wußte nicht mehr wie ich Luft bekommen soll. Wie ich den Löwen in meinem Arm halten soll, weil ich keine Kraft mehr spürte, hatte Angst, er kullert mir aus den Armen. Ich dachte, ich komm mit dem Schnaufen nicht mehr hinterher. Es war eine kalte, trostlose Situation.

Was ich auch als richtig schlimm empfand war, dass sie nicht meinetwegen gesagt hat: „Johannes hat eine so schwere Krankheit, dass wir ihm nicht mehr helfen können, er wird leider sterben.“ Und dann den Rest erklärte. Nein, das Gespräch baute sich mit einem Spannungsbogen auf. Sie erklärte die ganzen Untersuchungen und Ergebnisse, vom Anfang bis zum Schluß und das Resultat lag schon irgendwie in der Luft. Irgendwie schlimm und bedrohlich hörte sich alles an. Sie machte immer wieder Pausen und wir fanden uns in der Situation ständig „und jetzt?!?“ zu fragen, bis sie letzten Endes irgendwann sagte, das er mit dieser Krankheit nicht leben kann und sterben wird. Dieser Spannungsbogen war wirklich unerträglich.

Alles andere zu der Erkrankung erfuhren wir nur grob und auf Nachfrage. Die Krankheit selbst erklärte sie schon, also dass ein Enzym fehlt und das Myelin deswegen zugrunde geht, … Aber als Laie kann man sich nicht vorstellen, wo das letzten Endes hinführt, also was mit Johannes genau passieren wird, was für Baustellen zu erwarten sind. Hierzu erfuhren wir staccatoartige Eckpunkte: „wird blind, wird taub, wird steif, stirbt“. Dazu die Anmerkung, das wir sicher googeln würden und ein paar Internetadressen.

Irgendwann zu Hause haben wir gegoogelt. Ich landete als erstes bei Wikipedia und klickte alle hinterlegten Stichworte an. Als ich am Bild des Opisthotonus hängenblieb, war es aus. So sollte mein Baby irgendwann daliegen? Das ging einfach gar nicht und wir vereinbarten einen Termin mit unserem Kinderarzt, der uns alles sehr genau erklärte.

Bei dem Diagnose-Termin wurden wir auch direkt darauf hingewiesen, das wir ab jetzt Anspruch auf einen ambulanten Kinderkrankenpflegedienst hätten. Und ein Flyer des hiesigen Kinderhospizes wurde uns mitgegeben. Wir hätten uns gewünscht, das man uns das alles behutsamer nahelegt.

Wenn man voller Hoffnung in so einen Termin geht, auch wenn man was blödes ahnt, ist das alles zu viel. Man kann es nicht gut aufnehmen und verarbeiten, weil man so sehr geschockt ist, nur noch auf Notbetrieb funktioniert. Im Nachhinein frage ich mich, ob wir überhaupt fahrbereit waren. Zumindest schien es so, ein Taxi wurde uns mal nicht angeboten. Ich in meinem Job habe eine Garantenstellung und muß das hinterfragen.

Ein Rezept händigte sie uns noch aus. Für die Luminaletten. Ich hätte in diesem Zustand nicht in eine Apotheke gehen können, ein vermutlich nicht mal vorrätiges Medikament zu holen. Auch hier hätte es sicher Möglichkeiten gegeben. Und es gab eine. Nachdem ich ihr unmißverständlich klargemacht habe, dass wir jetzt in diesem Moment definitiv nicht dazu in der Lage sind eine Apotheke anzusteuern und sie hier im Haus eine Krankenhausapotheke haben, bzw. irgendwie es sicher eine Möglichkeit gibt, dieses Medikament zumindest für ein paar Tage für Johannes zu organisieren, verneinte sie erst und ging dann doch los und kam mit einer vollen Packung zurück.

Und so machten wir uns auf den Heimweg. Mit dem Wissen, wie der Feind heißt. Mit der Gewissheit, dass wir unser Baby nicht mehr lange haben werden. Das unser kleiner Johannes, für den wir alles getan hätten, sterben wird. Mit der Angst, wie wird das den Kindern, der ganzen Familie sagen. Mit der krassen Ungewissheit, was kommt auf uns zu? Das kann doch alles gar nicht wahr sein. DAS IST EIN ALBTRAUM!!! Freier Fall ohne Rettungsschirm.

Niemand hätte gedacht, das Johannes ein Jahr nach der Diagnose bereits fast ein halbes Jahr lang nicht mehr lebt.

Die Sonne scheint da draußen so ein bißchen scheinheilig vor sich hin und tut so, als könnte das ein toller Tag werden. Aber heut ist unsere Seele einfach zu sehr von Schatten verdeckt.

miss you…

Uploaded from the Photobucket iPhone App

Herzliche Grüße – wütend und gleichzeitig traurig

die Löwenmama

Aufbruch und die Erkenntnis, das Flucht tatsächlich nicht funktioniert

11. März 2012

Uploaded from the Photobucket iPhone App

Dieses Blumenbild entstand letztes Jahr. Als schon alles klar und nichts mehr klar war. Wo schon klar war, was auf uns zu kommt und wir nicht mehr wußten, wie es weitergeht, wie wir weiter leben sollen.

Doch trotzdem symbolisiert dieses Bild Aufbruch. Frische. Blumen. Es duftet gut, Wärme. Frühling. Eine gewisse Fröhlichkeit. Aber auch den Fortschritt. Das nichts bleibt, wie es war. Und Beständigkeit. Das man sich auf die Blumen, die Jahreszeiten, das fortwährende Ticken, darauf das die Zeit nicht stehen bleibt, verlassen kann. Das es immer irgendwie weitergeht. Das ist Trost.

Mir ging heute morgen ein Licht auf. Nein, ein ganzer Kronleuchter. Alles wollen wir neu machen. Alles wollen wir anders machen. So viel Unruhe und Hektik. So viel Streß. Der Streß, das Neue macht die Unruhe. Aber es macht auch zuversichtlich. Man ist unruhig, weil Neues auf einen zukommt. Das kann auch sehr erfrischend sein. Aber es bringt auch Unruhe rein, wo wir Ruhe so dringend nötig hätten. Aber vielleicht können wir (ich??) nicht (noch nicht??) ruhig sein. Weil Ruhe abverlangt, das der Kopf nicht um das Neue kreist, sondern um all den ganzen anderen Kram, der vielleicht für den Moment zuviel wäre.

Was mir heute aufging war, dass das Neue eigentlich eine Flucht ist. Flucht funktioniert nicht. Man kann sich wunderbar ablenken. Kann über viele neue Dinge nachdenken, viele Eindrücke prasseln auf einen ein. Dann ist das Neue irgendwann da und dann kommt der Tag, da ist es nicht mehr neu sondern auch wieder alt. Und dann würde man was neues suchen, wäre man noch immer auf der Flucht.

Wann hören wir auf zu flüchten?

Wenn wir mutig genug sind uns Ruhe zu geben um die ganzen Gefühlstsunamis und Tränenmeere kommen zu lassen?

Aber vielleicht wäre es wirklich zuviel und man braucht den frischen Wind um der Nase drumrum, um dem Alten nur soviel Raum zu geben wie man erträgt?

Wenn ich das wüßte, wäre ich schlauer.

Vielleicht sollen wir aber jetzt für den Moment auch noch ein wenig vor uns selbst flüchten. Für den Moment fühlt es sich noch richtig an. Also flüchten wir halt noch ein bißchen. Oder sind wir doch nur im Aufbruch?

Einen Gruß laß ich euch noch da, dann bin ich wieder weg – auf der Flucht oder im Aufbruch. Wer weiß das schon…

die Löwenmama

Suchbild eines kleinen Wunders

10. März 2012

Heute habe ich den kleinen Löwen mal wieder so schrecklich vermisst und bin am Nachmittag nochmal zu ihm gefahren.

Als ich mich vor seinem Grab bückte, sah ich als erstes:

Uploaded from the Photobucket iPhone App

 

Ja, das Marienkäferchen. Es war wirklich kaum zu glauben. Haltet mich für bescheuert, aber das war ein „Mama, ich bin gar nicht so weit weg“-Gruß vom Löwen. Ich hätte alle Gräber absuchen können, sicherlich saß nur auf unserem Grab einer von diesen putzigen kleinen Gesellen. Weil er mich trösten sollte, weil er mir was sagen sollte. Wahnsinn. Ich war so gerührt, ich hab so geheult.

Gepunktete Grüße

die Löwenmama

Forrest Gump

3. März 2012

Uploaded from the Photobucket iPhone App

 

Die letzten Tage war viel los. Viel, viel, viel. Hier wurde es mal ein wenig stiller, aber ich wollte euch heute wieder ein Lebenszeichen hinterlassen.

Wir arbeiten gerade an unserem neuen Leben, brechen aus dem Alten aus, weil es das Alte nicht mehr gibt. Machen uns auf in ein neues Leben – unser neues Leben. Wir haben die letzten Wochen beschlossen, von hier wegzuziehen. Ein Haus zu bauen. In Laufnähe vom Löwen. Der Große wird zum nächsten Schuljahr die Schule wechseln. Mein Mädchen besucht nun seit zwei Tagen als nigelnagelneues Kindergartenkind bereits den Kindergarten im künftigen Wohnort. Es fühlt sich richtig an, für uns alle. Das ist so ein großer Schritt.

Vor ein paar Tagen kam „Forrest Gump“ im Fernsehen. Ich höre den wunderschönen Soundtrack wirklich sehr gerne. http://youtu.be/2GFgwJiWaJE (Soundtrack von Forrest Gump)

Ich habe ihn oft gehört, mit dem kleinen Löwen auf dem Arm. Und bitterlich geweint. Und ihm immer wieder gesagt (und mir selbst tapfer vorgesagt), dass wir alles schaffen können. Wenn wir nur fest genug daran glauben, stark genug dafür kämpfen. Alles geben.

Wir haben viel geschafft und auch nichts. Aber gekämpft bis zum Letzten und alles gegeben. Ich konnte den Film dieses Mal nicht sehen. Wenn ich an die Melodie nur denke, treibt es mir die Tränen in die Augen.

Gestern haben wir es schön gemacht beim Löwen. Die Erde war über den Winter schon wieder so abgesackt und es tat sich rundrum so ein gräßlicher Spalt auf. Es war so ein verdammt beschissenes Gefühl durch den Gartencenter zu laufen und Graberde zu kaufen, ein Windrad auszusuchen. Und ein paar Blumen als Frühlingsgruß. Einen tollen Farbtupfer haben wir gefunden. Einen Marienkäfer an einer langen, biegsamen Stange, die sich im Wind wiegt. Ein fröhlicher und herrlich bunter Gruß, wenn man zum Löwen kommt. Schon von Weitem sieht man die Farben um die Wette leuchten. Und es ist seltsam beruhigend, wenn es dort wieder schön ist.

Aber heute ist meine Seele übergelaufen. Gebrodelt hat es schon ein paar Tage. Löwe im Kopf, Löwe im Herz – fehlt so sehr. Überall toben sie rum, die Zwergennasen. Er wäre jetzt bald 19 Monate alt. Würde durch den Garten laufen. Erst vor ein paar Tagen war ich mit meinem Mädchen im Schuhladen. Gummistiefel, Halbschuhe und ein Paar Sandalen. Und ich hatte noch ein paar Schuhe in der Hand, das ich gekauft hätte. Hätte. HÄTTE! Die wären es gewesen, die er bekommen hätte.

Gestern schon hatte ich so einen Drang nochmal zum Löwen zu fahren. Fühlte mich so weit weg von ihm. Heute war der Drang noch viel stärker, obwohl ich morgens schon dort war. Also setzte ich mich ins Auto und die Tränen liefen. Tränenmeer ganz voll. Viel Gefühlstsunami. So viel Loch, Trauer, Wut, Hilflosigkeit. So viel Durcheinander im Kopf, Herz und Bauch. Nur wohin damit?

Ich schicke euch Sonne

die Löwenmama