Vor kurzem fragte mich mein Großer, wieso ich „schon wieder“ zum Löwen fahren müsse, ich würde ihn sicher nerven. (Genauso wie ich peinliche, altmodische Mama ihn nerve.) *schmunzel*
Ich überlegte kurz, wie ich es ihm erkläre, warum es mich schon wieder dort hin zieht. Warum ich täglich dort hin fahre, manchmal auch öfter. Warum man das Bedürfnis hat, an diesem Grab zu stehen und mit dem Bild auf dem weißen Kreuz zu sprechen. Etwas für jemanden zu basteln, der gar nicht mehr da ist.
Ich versuchte ihm zu erklären, das Elternliebe bis über den Tod hinaus reicht. Das sie nicht einfach aufhört. Das Liebe etwas wunderbares ist, weil sie stärker ist, als der Tod. Wir haben am Ende beide geweint, weil ihm klar wurde, wie groß Elternliebe wirklich ist. Das sie nicht mal mit dem Tod endet.
Wir waren heute Vormittag schon beim Löwen. Wir waren froh, wir hatten Glück und es war wenig los – heute ist ja Allerheiligen. Es hat mich die letzten Tage schon etwas traurig gemacht. Vor kurzem noch brannten abends nur wenige Kerzen, immer auf den gleichen Gräbern. Jetzt kurze Zeit vor Allerheiligen herrschte große Betriebsamkeit und heute war der Friedhof hell erleuchtet. Ich fände es schöner, wenn es nicht einen Tag dafür bräuchte, dass möglichst viele Lichter dort brennen. Andererseits ist es vielleicht gut, dass es so einen Tag gibt, sonst würde sicher auf manchen Gräbern nie ein Licht brennen. Ach das ist ein schwieriges Thema, wo man auch schnell wem auf die Füße treten kann. Vielleicht sehe ich es auch sehr einseitig. Bitte seht es mir dann nach, ich lerne auch noch dazu. Friedhöfe sind für mich Neuland, ich mache mir gerade mein Bild. Leider bin ich immer noch ziemlich, ziemlich saufer auf die Welt und mich ärgert es immer wieder, wie pietätlos manche Friedhofgänger sich Trauernden am Grab gegenüber benehmen.
Heute abend hab ich noch ein anderes Grab besucht und bin noch eine selbst gebastelte Prinzessinnen-Kerze losgeworden für ein ganz besonderes Mädchen, das ich leider nie kennenlernen konnte. Aber sie hat eine tolle Mama und eine tolle Schwester, ich hab beide sehr, sehr gern. Und der Löwe und sie haben auf irgendeine Art und Weise irgendeine Verbindung…
Auf dem Heimweg hab ich gewendet, ich mußte doch nochmal zum Löwen und nochmal gute Nacht sagen. Und ich wollte nochmal ein Kerzchen dazustellen, noch ein klein wenig mehr Licht machen. Ich muß gestehen, ich hasse es regelrecht, bei Dunkelheit auf den Friedhof zu gehen – nicht wegen der Toten, der Gräber. Es sind eher die Büsche, Bäume, die Dunkelheit. Es ist mir sehr unangenehm, allein im Dunkeln zu laufen. Aber ich hatte das dringende Bedürfnis, ihn nochmal zu besuchen und es war gut. Es war sehr wertvoll nochmal ein Licht mehr ins Lichtermeer des Friedhofs zu stellen. Noch ein Licht für den Löwen.
Der Löwe fehlt sehr. Die Tränen laufen immer wieder. Irgendwie wird es gerade immer präsenter und diese Gefühlslähmung ist weg. Ich denke sehr, sehr viel an ihn.
Es grüßt euch
die Löwenmama