Ich hab jetzt mal ganz bewußt nicht zurückgelesen, aber ich habe diesen Tag noch mit allen Stimmungen sehr gut in Erinnerung. Morgens waren wir sehr, sehr nervös und fahrig. Wir klammerten uns so sehr an die Hoffnung. Dann die niederschmetternde Einschätzung des Kinderarztes. Das etwas nicht mit dem kleinen Löwen in Ordnung ist. Das er körperlich schon stark entwicklungsverzögert ist und er nicht weiß, wie er das in den nächsten Jahren ausgleichen kann. Das es etwas sehr, sehr ernstes ist. Das wir auf jeden Fall die nächsten Jahre damit beschäftigt sein werden, den kleinen Mann „auf die Füße“ zu bekommen. So hab ich es noch irgendwie im Kopf. Das war es, was ich mir behalten hatte.
Ich kann mich noch so gut an das nach Hause Kommen erinnern. Wir waren am Boden zerstört. Alle Hoffnung war dahin. Wir waren verzweifelt. Aber gleichzeitig war da so eine Stärke, ich hatte diese als so ein heftiges Gefühl in mir, mich nicht brechen lassen zu wollen. Zu kämpfen. Mich nicht vom Leben kleinkriegen zu lassen. Alles zu tun, was in meiner Macht steht, um dem kleinen Muck zu helfen.
Wir mußten zu Hause erstmal sortieren, wie unser Leben weitergehen wird. Es war ja wie ein Bruch. Der Arzttermin und „ja, da ist was, auch wenn wir noch nicht wissen, was es ist“. Was daraus wird. Wo stehen wir in ein paar Monaten, einem Jahr, drei, fünf, zehn Jahren.
Was passiert die nächsten Monate, was kommt auf uns und den Löwen zu. Was passiert in der Diagnostik? Wie können wir das als Familie tragen und wie wird sich letztlich alles entwickeln. Der Löwenpapa mußte weiter, an diesem verheerenden Tag, wieder los an den Ort, wo er studierte. Und ich habe grundtiefen Respekt, das er das geschafft hat. Sich ins Auto gesetzt hat und gefahren ist. Das war sehr, sehr stark. Auch wenn sicher viele es nicht verstanden haben. Aber uns war klar – es muß weitergehen. Egal wie.
Damals hörte die Welt schonmal kurz auf – für uns – sich zu drehen.
Ein Jahr ist es her, das man alle Hoffnung – neue Hoffnung – in das Gesagte des Arztes legte. Alles, was sich nur irgendwie positiv auslegen ließ, wurde zu einem Strohhalm, an den man sich wie kurz vorm Ertrinken klammerte.
Vielleicht ist es einfach das Urvertrauen, ein Grundvertrauen, das einen immer wieder an das Gute glauben läßt. Auch wenn letzten Endes trotzdem alles ganz anders kommt.
Gestern gesehen und sofort an Johannes gedacht – zur Abwechslung mal kein Löwe oder Marienkäfer. Aber es ging kaum treffender, dazu bedarf es keiner Worte, es gibt nichts hinzuzufügen:
Es grüßt euch herzlich
die Löwenmama