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Johannes 2. Geburtstag – der erste ohne ihn

14. August 2012

Heute ist Johannes 2. Geburtstag.

Happy Birthday, kleiner Löwe!

Ich muß sagen, ich hab Tag für Tag mehr Muffensausen bekommen. Schon vor längerer Zeit haben wir uns darüber Gedanken gemacht, wie wir diesen Tag gestalten wollen. Arbeiten gehen kam nicht in Frage. Freizeitpark oder irgendetwas lustiges, lebendiges war die erste Idee. Wir verwarfen aber diesen Gedanken wieder und wollten in die Berge – wie nach Johannes Tod. Das lag uns am nähesten.

Mein Bestreben war es aber inzwischen nur noch, den Tag zu überleben. Ich wollte, das es ein schöner Tag wird und es war mir wichtig, das ich für Johannes etwas mache. Aber ich wollte auch, dass er einfach nur vorbei geht.

Trotz allem, ganz wichtig war mir, das es ein Geschenk gibt, das der Löwenpapa und ich schon vor einer ganzen Weile gekauft hatten. Vorgestern packte ich es ein und es war ein wirklich dummes Gefühl, ein Geschenk für ein Sternenkind einzupacken.

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Und dann sollte es einen Geburtstagskuchen geben. Ich habe mir ein paar Tage davor schon Gedanken gemacht, was ich für einen Kuchen backen könnte. Geburtstagskuchen für ein Kind sind immer etwas sehr besonderes. Sie dienen ja nicht nur dazu die Feiernden satt zu machen, sondern sollen Kinderaugen zum Strahlen bringen. Dieser Kuchen sollte keine Kinderaugen zum Strahlen bringen… Was für ein scheiß Gefühl. Tränenmeer.

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Ich hatte die Tage davor meinem Mädchen eine Geschichte von „Frederick und seinen Mäusefreunden“ vorgelesen. In der ersten Geschichte geht es darum, dass Frederick und seine Mäusefreunde sich auf den kalten Winter vorbereiten und Getreide, Nüsse und Stroh sammeln und alles in ihren Unterschlupf in der Steinmauer bringen. Alle arbeiten, mühen sich ab und plagen sich um für den Winter vorzuarbeiten, nur Frederick scheinbar nicht. Die anderen Mäuse sind irgendwann recht vorwurfsvoll, denn wenn sie Frederick fragen was er macht weil er nur rumliegt, antwortet er, dass er sammelt. Worte, Sonnenstrahlen, Farben, … Die Mäuse konnten damit nichts anfangen und ärgerten sich über die vermeintliche Faulheit von Frederick. Der Winter kam, die Mäuse hatten sich gut versorgt und es war eigentlich recht gemütlich in der Steinmauer. Die Mäuse hatten es kuschlig und genug zu essen. Das sollte aber nicht immer so sein und als irgendwann eine ganz karge Zeit eintrat, wo es nicht mehr kuschlig war, das letzte Korn geknabbert war und es nichts mehr zu reden gab fiel den Mäusen ein, dass sie ja noch Fredericks „Vorräte“ hatten. Sie fragten ihn also, was mit seinen Vorräten sei und Frederick forderte sie auf, die Augen zu schließen. Er erzählte den Mäusen von den roten Mohnblumen, den blauen Kornblumen, erzählte ihnen von der wärmenden Sonne und dichtete. Die Mäuse lobten Frederick kräftig, diese „Vorräte“ hatten sie gerne.

Diese Geschichte erinnerte mich daran, dass wir in der Trauer wortlos sind, die Sonne nicht immer gut spüren können und die Welt seit Johannes Tod weniger bunt ist. Ich wollte heute das „bunt“ sammeln und ganz bewußt beachten, die Sonne tanken und Worte sammeln. Hier sind unsere bunten Schätze:

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Frederick sollte uns begleiten, den hatte ich für Johannes gebastelt:

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Die Wanderung war sehr schön, auch wenn etwas ungeplant chaotisch. Wir hatten die Route als leichte, familienfreundliche Tour herausgesucht, Anforderungsprofil wenig Kondition. Und wir liefen über Stock und Stein, rauf und runter und mußten am Ende umkehren, da wir den Weg mit unserer Kleinen nicht bewältigen konnten. Aber es war irgendwie wie im richtigen Leben. Man hat eine Vorstellung, plant etwas und am Ende läuft es ganz anders. Es war egal. Die Strecke sah auf dem Rückweg von der anderen Seite gleich nochmal ganz anders aus und war trotzdem sehr schön. Eine schöne Wanderung. Gut überlebt. Wir hatten wirklich schon andere Probleme als eine ungeplant verlaufende Wanderung und eine Kehrtwende zu machen.

Ein paar Momente versuchte ich einzufangen…

Licht und Schatten…

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Glockenblumen…

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Dem Himmel so nah…

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Diese Puschel waren so weich – sie hätten ihm sicher gut gefallen…

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Die Farbe erinnerte mich an die Farbe seiner Löwenmähne…

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Ganz weit oben – nochmal dem Himmel so nah…

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Diese Zartheit. Diese Frische. Diese Reinheit, dieses schützenden Frauenmantels! Wow.

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Nach der Wanderung stärkten wir uns zu Hause erstmal beim Löwen-Kuchen.

Abends führte uns unser Weg zum Friedhof. Es lag hier immer noch ein Geschenk. Ein Korb voller Kerzen. Unsere bunten Schätze, die wir von der Wanderung mitgebracht hatten. Und wir wollten ein paar Seifenblasen pusten, bei Johannes sein. Ihm einen ganz persönlichen Besuch abstatten. Wir waren nicht die einzigen, die Johannes besuchten. Wir sahen es an den kleinen Besonderheiten, die von seinen Besuchern mitgebracht wurden…

Ein Affe vom Bruder gebastelt:

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Windspiel…

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Ein „Bob der Baumeister“ für kleine Kerle:

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Und ein sehr stolzer Löwe.

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Eine süße kleine Holzpfeife ist links auf dem Geschenke-Bild oben im Beitrag zu sehen. Und eine schöne Rose fanden wir am Grab.

Wir sind froh, das dieser lange Tag zu Ende ist. Wir haben sicher das beste draus gemacht, was man draus machen konnte. Und wir danken allen, die uns begleitet haben, die Johannes etwas gebracht haben, die uns nahestanden. Die den Tag zu dem gemacht haben, was er war. Danke an alle, die uns -wie auch immer- nahe waren.

Es grüßt herzlich

die Löwenmama

Der Weg ist das Ziel

12. Februar 2012

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Der kleine Löwe hat mir so viel beigebracht. Aber ich muß üben, um es mir zu behalten. Wenn man bis in die Grundfeste erschüttert ist und das alte Leben abgestriffen hat wie eine alte Haut ist es nicht so einfach, in das neue „Ich“ hineinzuwachsen. Ich empfinde es als große Herausforderung, als schwere Aufgabe.

Ich bin eine andere, die ich war. Ich bin noch nicht. Ich werde. Ich bin noch in der Entwicklung. Manchmal habe ich Angst, mich nie zu finden. Noch verloren. Auf der Suche. Der Weg ist das Ziel.

„Sich selbst nicht so wichtig zu nehmen“. Das hat er mir beigebracht. Im Hintergrund zu stehen, aufmerksam nur da zu sein. Das geht sogar wortlos. Das Wesentliche zu erfassen und dem die verdiente Beachtung schenken. Und warten, wir mußten so viel warten, auch das kann man lernen, immer im Takt der Uhr. Seltsamerweise ist das noch immer etwas, woran ich mich festhalten kann, wenn es blöd wird. Die Uhr tickt immer weiter. Egal was ist. Immer gleich schnell. Nie langsamer. Stetig. Das ist gut so.

Ich lerne. Mich kennen. Zu werden. Zu sein. Der Weg ist das Ziel.

Es grüßt euch herzlich

die Löwenmama

Der Weg

8. August 2011

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Ich bin gestern im Regen spazieren gegangen. Als ich loslief, regnete es noch nicht. Wie im echten Leben. Es schlägt sehr plötzlich um. Zuerst ist es ganz ok, dann wird es auf einmal kalt und ungemütlich. Aber ich ließ es zu, es fühlte sich lebendig an.

Beim Laufen dachte ich darüber nach, wie erwachsen ich gerade gemacht werde. Vielleicht erwachsener als ich je werden wollte. Ich schmecke den Tod.

Vor einer Weile hat mir eine ganz liebe ein paar mich sehr beeindruckende Zeilen geschrieben:

„Die Welt stürzt in Scherben und es ist nie mehr, wie es vorher war,
aber anders kann es auch gut werden. Vielleicht kannst du bald das kleine Licht am Horizont sehen.

In solchen Zeiten sind wir im Niemandsland, es gibt keine Wege, vieles scheint öd und unbewachsen unbewohnt.
Wir sind so schrecklich alleine dort, so nackt und verwundbar.
Wir werden vom Leben abgeschliffen, es fühlt sich an, wie bis aufs Skelett.“

Das trifft es ins Mark. Exakt so fühle ich mich schon lange.

Ich lief also diesen Weg oben auf dem Bild hinunter. Zuerst war es sehr naß und schmierig. Dann wurde er sehr steinig. Dann blieb eine Fahrrinne steinig und etwas unwegsam, die andere wurde sandiger und gut begehbar. Ich war schon drauf und dran die Fahrrinne zu wechseln und entschied mich doch noch, weiter die steinige zu laufen. Mein Weg ist gerade steinig. Den Lebensweg kann ich auch nicht einfach verlassen. Warum sollte er dann nicht sinnbildlich auch steinig bleiben?

Ich lief und lief und paßte gut auf, dass ich nicht strauchelte, stolperte. Manchmal war es doch etwas schwierig nicht umzuknicken. Aber ich stellte fest, da ich gemütlich lief und auch die sandige Rinne nicht schneller bestritten hätte, dass ich kaum langsamer vorankomme. Nur bedächtiger. Und als ich unten war, kam mir etwas in den Sinn. Ich ging jetzt diesen steinigen Weg, ich sah kaum nach rechts und links, denn ich mußte mich darauf konzentrieren, nicht zu stolpern und ich kam unten an und es war auch schön. Das heißt, wenn ich diesen Lebensweg bestritten habe, diesen Weg hinter mir liegen habe, kann es dort angekommen auch schön sein.

Es muß nicht schöner oder schlechter sein, als wenn der Weg leicht ist, das Ziel bekannt, das Ziel unbekannt. Es ist egal. Es kann auch schön sein, egal wie man es erreicht, wie man dort hinkommt, egal was hinter einem liegt. Es muß einem aber gelingen, wenn man angekommen ist, nach rechts und links zu blicken, sich Zeit nehmen, vielleicht dort angekommen rasten. Das möchte ich auch tun.

Diesen Stein fand ich gestern, ehe ich diesen Weg lief. Ich nahm ihn mit.
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Ich hab am Samstag eine Bleistiftzeichnung bekommen. Dieses Bild begleitet mich gedanklich auch gerade sehr. Es stellt einen Baum dar, der mit seiner Rinde in einen Maschendrahtzaun gewachsen ist. Ich habe hier ganz in der Nähe solche Bäume schon gesehen. Ich weiß aber nicht, ob sie noch stehen. Wenn ja, möchte ich ein Bild davon machen. Es ist so treffend. Über lange Zeit muß diese Verwachsung stattgefunden haben. Keine offene Verletzung, aber viele Narben, Spuren in der Rinde hat es dennoch hinterlassen. Ich fühle mich sehr ähnlich.

Danke fürs Zulesen. Danke auch für eure Kommentare, für E-Mails. Für Kerzen. Es beeindruckt mich sehr, wieviele Menschen an uns und unseren Löwen denken. Vielen Dank dafür.

Eure Löwenmama